28.07.2011 – Nordkorea vs. USA 0:2 (0:0) - 21390 Zuschauer
Warum man sich trotz wohlbekannten Stadion + ausgefüllten Leben ein Vorrundenspiel bei der Frauen WM live anschaut, bedarf es zur Erklärung eine kleine Einführung. Beruflich bedingt verbrachte ich in den letzten 3 Jahren mehrere Monate in Südkorea. Der obligatorische Länderpunkt wurde inoffiziell bei einem Freunschaftsspiel FC Seoul vs. FC Tokio abgehakt, die Bestätigung erfolgte mit weiteren Liga/Asian Cup Spielen in insgesamt 4x verschiedenen Stadien.
Da lag natürlich der Wunsch vom Länderpunkt in Nordkorea nah. Leider ist es mir jedoch als „Südkorea Dauergast“ nahezu unmöglich, nach Nordkorea einzureisen, geschweige denn nachfolgend der Einreise in den Süden genehmigt zu bekommen. Bei einem Besuch der DMZ (Grenzbereich zwischen Süd-/Nordkorea) betrat ich über Umwege wenigstens kurzzeitig nordkoreanischen Boden. Im „Diplomatic Meeting Room“ muss man dazu um den großen Tisch herum laufen, welcher mittig auf der eigentlichen Grenzlinie steht. Der generelle Länderpunkt war also gemacht, mehr aber auch nicht.
Am gleichen Abend wurde mal wieder das zum Standard ausgerufene gastreundschaftliche Vollbesäufnis zelebriert. So kurz vor der Kotzgrenze scherzte mein Gegenüber ausgelassen über die Fussball-Nationalmannschaft vom Norden, so von wegen kleine Marionetten des Systems, Bauernniveau im Vergleich zur eigenen südkoreanische Mannschaft, die Frauen aus dem Norden hässlich wie die Nacht. Warum auch immer, die perfekte Inspiration zu einer kleinen Wette. Ich gab meine Motivation bekannt, die A-Nationalmannschaften (jeweils Männer/Frauen) der beiden Länder in offiziellen Pflichtspielen zu besuchen. Im Gegenzug sollte mein koreanischer Freund die Mannschaften von Deutschland und Polen besuchen (nicht steinigen, Polen wurde als Ersatz für die ehemalige DDR benutzt … ich war besoffen!). Der Wetteinsatz bleibt hier mal unerwähnt … ;-)
Der Anfang war schwieriger als gedacht, zwar wurde Südkorea vs. Japan gehoppt, leider jedoch nur ein Freundschaftsspiel. Ein Jahr später konnte dafür „gedoppelt“ werden. Dank einer perfekt terminierten Dienstreise durfte ich den Klassiker Südkorea vs. Nordkorea beiwohnen (22.06.2008, Quali WM 2010, Seoul World Cup Stadium). Ein unterirdisch langweiliges 0:0, die beiden koreanischen Männermannschaften waren jedoch abgehakt. Fast 2 Jahre später, die Wette war nahezu aufgehoben, da der koreanische Gegenpart noch kein einziges Spiel besucht hatte, schaute ich Südkorea vs. Mexiko (25.07.2010, U20 Frauen WM, Dresden, RHS). Trotz der U20 habe ich dieses Spiel in meiner Zählweise als A-Mannschaft gelten lassen, den Unterschied bekommt der Typ sowieso nicht mit. Fehlte nur noch die nordkoreanische Frauenmannschaft … welche heute im Vorrundenspiel der Fussball Frauen WM erledigt wurde. Mit einem entsprechend dicken Grinsen habe ich soeben per Email den Vollzug gemeldet, hinterlegt mit ein paar Beweisfotos.
Zum heutigen Spiel: Paranoide Aufregung vor dem Spiel in Dresden, angeblich über 800 Polizisten im Einsatz, warum auch immer?!?!?! Offizieller Grund, Gefahr durch politisch motivierte Demonstrationen, mögliche Terrordrohungen usw., halt der übliche Medienblödsinn vor solch einen Fussballspiel zweier gegensätzlicher Atommächte. Dazu verweigerte die nordkoreanische Delegation jegliche offizielle Empfänge in Dresden, das Trainingsgelände im Ostragehege wurde mit Folien komplett blicksicher gestaltet, ein Vorbereitungsspiel gegen England unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgehalten. Vor dem Hotel sollen angeblich jede Menge mitgebrachter Staatsbedienstete rumlungern, und das rund um die Uhr. Die Fernsehgeräte sowie Telefone wurden aus den Hotelzimmern der Spielerinnen entfernt, des weiteren dürfen Sie das Hotel generell nicht verlassen. Selbst die Stadtführung erfolgte komplett im Bus, inkl. grün-weißer Begleitschutz Armee, als wenn es um die Private Home Movies von Frau Merkel ginge. Offizielle Begründung: Die Mannschaft muss sich auf die Spiele konzentrieren, Ablenkung sei nicht erwünscht….
Interessant waren die Typen auf den Stadionrängen, ein Haufen Kommunismus Fanatiker mit DDR/Nordkorea Fahnen, dazu meist passend gekleidet im Chevara Look. Die angereisten „WM Fans“ um mich herum kamen vorwiegend aus den gebrauchten Bundesländern. Nach Ihrer Wortwahl zu deuten, Klischee über den dunklen Osten inkl. dessen Ureinwohnern voll erfüllt. Die zahlreich mitgereisten Fast Food Chunkies standen dem in nichts nach, komische Hüte, blöde Brillen sowie 50kg Übergewicht im Durchschnitt prägten die amerikanische Fanszene. Komplett nervig, dieser Neutral-Gute-Laune-Blödsinn. Kollektives Klatschen bei jeder Spielaktion, Laola Blödsinn bis zum Erbrechen usw.. The dream comes true - FIFA/DFB freuen sich. Sollte dieser Schwachsinn mal in die nationalen Ligen Einzug halten, ist der Sport für mich gestorben!
Das Spiel selber war gar nicht mal auf einem so schlechten Niveau, wie ursprünglich zum Schutz vor persönlicher Selbstgeiselung erwartet. Nach 20min. Langeweile Gekicke entwickelte sich ein munteres Spielchen, viele Torchancen auf beiden Seiten. Hätte nicht verwundert, wenn der Asienmeister zur Halbzeit mit 2-3 Toren in Führung läge. Nach der Halbzeit musste die Frau Nr.7 der Diktaturauswahl verletzungsbedingt vom Feld, bis dahin die klare Spielgestalterin. Das Ende vom Traum der Alt/Jung Kommunisten. USA gewann überlegend mit 2:0, am Ende wäre noch eine viel höhere Klatsche möglich gewesen.
Auch cool, die Spielerinnen aus dem abgekapselten Land scheinen im „Fussball“ Arbeitslager alle den gleichen Frisör zu besuchen. Nahezu identische Kopfbekleidung bei allen Spielerinnen, kurzes Haar, welches im Fliesbandverfahren 5cm über der Schulter gestutzt wird. Dazu die typische schwarze Haarfarbe, Zwillingsanwandlung hoch 3! Auch komisch, die südkoreanischen Frauen sind bzgl. Hautfarbe wesentlich heller als die nordkoreanische Vertretung, was geografisch nicht wirklich einfach zu erklären ist. Anzeichen von Mangelernährung oder doch zuviel Feldarbeit?! Und zu guter Letzt ein kleiner Typ an den Trainer der Nordauswahl, es macht keinen wirklichen Sinn, seine gefühlt kleinste Frau ins Tor zu stellen….
Anyway, Koreaprojekt erfolgreich beendet, gleichbedeutend mit aufgehobenen Zwang, Frauenfussball zu schauen.