16.04.2011 West Ham United – Aston Villa 1:2 (1:1)

Inseltour April 2011

Spiel 1 einer 10d Inseltour, welche durch eine berufliche Pflichtanwesenheit in London förmlich provoziert wurde.

Zu unchristlicher Stunde via Bus von Dresden über B-Schönefeld mit den Flieger auf Stansted drauf geknallt. Letzteres ist wörtlich zu nehmen, noch nie so hart auf die Landebahn aufgeschlagen wie heute. Da ging dann auch mal kurz das Angst-Gekreische im Flieger los, welcome at Ryainair ….

Behausung (anderes Wort wäre übertrieben) klar gemacht, ging es per Fuß die 2km in Richtung Ground. Feine Gegend hier … nichts gegen Multikulti, im Gegenteil (!), aber ein paar Einheimische ohne Migrationshintergrund sollten Ihren Teil zum Völkermix schon beitragen. War/ist hier in Stratford/East Ham/West Ham komplett Fehlanzeige. Hätte man mich unwissend mit verbundenen Augen hierher gebracht, ich wäre mir sicher gewesen, an der pakistanisch/indischen Grenze zu stehen, bei der just im Moment die Völkerwanderung aus Afrika eintrifft. Kleines Beispiel gefällig, Sandwich Time im West Ham Park verbracht, zu meiner Linken wurde auf 3x Großfeldern die zentralafrikanische Meisterschaft der Hobbyspieler ausgetragen, zu meiner Rechten fand ein Cricketspiel zwischen Indien vs. Pakistan statt. Die Spieler vorrangig mit Jeansklamotten, trotzdem erfreuten sich in etwa 80-100 Zuschauer daran. Dazu kam genau 1'ne Weißhaut, welche mir nicht ganz unvertraut ist.

Und was man hier in der Gegend nicht alles zu sehen bekam: Burkas (islamische Komplettverhüllung der Frauen) waren da ja schon fast langweilig, weil Standardausrüstung. Inder, frisch dem Bollywood Movie entsprungen, auf superteuren Rennrädern unterwegs. Muslime mit Bärten bis zum Hosenbund, komplett im schwarzen Gewand eingehüllt, drunter aber schön sichtbar grell bunte Nike Schuhe. Erst kurz vor dem Stadion sah man Engländer, alle mit WHUFC Fanutensilien, welche jedoch vielsagend zu Massen aus der Metrostation kamen....

Am Ground angekommen ging es zu allererst in Richtung Ticketoffice. Hatte mir im Vorfeld fest vorgenommen, jenes vorab online zu erledigen, Ticketbeschaffung für die großen Londoner Clubs ist ja direkt am Spieltag meist so aussichtslos wie Paris Hilton schön zu finden. Jedoch, basierend auf der ungewissen Entscheidung eines Kumpels (mitkommen oder nicht?!) durchkreuzten sich meine Pläne. 4d vor Spielbeginn hieß es dann offiziell „sold-out“. Versuch war es trotzdem wert, bevor die letzte Option herhalten müsste, Schwarzmarkt.

Netter Typ am Schalter, trotz der Bestätigung, dass das Spiel ausverkauft sei, sprich es keine Tickets mehr gibt. Mitleidsmasche, a bissl auf die Tränendrüse gedrückt, so von wegen extra aus Deutschland nur für den WHUFC angereist. Hat er mir wohl abgenommen, ich bekam ein Ticket. Er könne mir jedoch nur noch ein „Special Ticket“ verkaufen, 2.Reihe Nähe Mittelfeldlinie. „Special Ticket“? Egal, keine Nachfrage, Hauptsache Ticket. Also her damit, 52Pfund wechselten Ihren Besitzer.

Vor dem Gate zum Stadion gestanden, wurde mir klar, dass ich gleich eine der letzten Raritäten im Profifußball betreten sollte, einen abgefuckten Old School Ground. Die Gates mit den schweren Drehgittern waren gerade so breit, dass selbst ich Hemd nur seitwärts hineinkam. Ein wohlbeleibter Standard Brite, nennen wir Ihn der Einfachheit halber Pitbull, hatte wirklich sichtlich Mühe, seine Körpermassen da irgendwie durch zuquetschen. Spontan kam mir „Presswurst auf Grill gebraten“ in den Sinn.

Ich sollte Recht behalten, feines Ding der Boleyn Ground. 4 verschiedene Tribünen, alles ein wenig „alt“, das Stadion komplett in den WHUFC Farben gehalten. Selbst die Wände der WC‘s waren im Babyblau/weinrot gehalten … und schön unhygienisch … schlimmer als Old School Ground… ;-)

Mein Sitzplatz stellte sich als dass gelungene i-Tüpfelchen heraus, 1.Reihe (nicht 2. wie vom Ticket-Guy angedroht…), 6 Plätze neben den Spielerbänken. Letztere sind ja in den meisten britischen Stadien direkt in den eigentlichen Zuschauerrang integriert. Fetziges Gefühl, 6 Plätze weiter rechts gesessen und Dein Sitznachbar könnte Keane oder Hitzelsberger heißen, nur getrennt durch eine hüfthohe Mauer. Jedoch sehr gewöhnungsbedürftige Perspektive am Anfang, ich musste des Öfteren an den Spielerärschen (geschrieben wie gemeint) vorbei schauen, um das Spiel verfolgen zu können.

Sitzplatz? Da war doch noch die Sache mit dem „Special Ticket“… Die Bedeutung vom „Special“ war jetzt leichter zu deuten, als beim Ticketkauf bruchstückweise verstanden. Ich saß auf den Sitzplätzen, welche für die Begleiter von Rollstuhlfahrern bestimmt sind. Sprich ausnahmslos alle meine Nachbarn hatten vor sich in der eigentlichen 1.Reihe einen Rolli-Kollegen stehen. Finde den Fehler! Die Blicke, herrlich …. aber wo hätte ich auch auf die Schnelle noch einen auftreiben sollen… ;-)

Hütte komplett voll. Aston Villa Supporter hatten das Ticketkontigent von Ihren zugeteilten Block ebenfalls komplett in Anspruch genommen, knacke voll! Ausgangslage, Aston Villa hat 7 Spieltage vor Saisonende einen Europa League Platz noch im Blick, West Ham United benötigt jeden Punkt, um die Abstiegsränge zu verlasssen. Eigentliche eine gute Mischung, um heute was geboten zu bekommen…

2min. gespielt, erzielt  Robert Keane (der alte irische Mann…) das 1:0 für West Ham. Alles am Durchdrehen. Danach sehenswertes Spiel, keine Ahnung, warum West Ham derzeit auf einen Abstiegsplatz liegt. Wahnwitziges Tempo, verdammt beeindruckendes Passspiel über lange Wege, Zweikampfverhalten der Spieler, welches in anderen Ländern klar unter Körperverletzung fällt. In der 1.Buli würde das basierend auf dem bis dato gezeigten Spielniveau definitiv für ganz andere Heldentaten ausreichen. Btw., Buli, Mr. Hitzelsberger spielt bei WHUFC, und das als klarer Spielgestalter, lautesten Einlaufapplaus von den Supportern sowie bester Spieler (jedenfalls das heutige Spiel betreffend).  

Einfach sehr nice, dieses so typisch britische „COME ON …“ aus zig tausend Kehlen + diese Fangesänge + diese „nicht gesellschaftsfähigen“ Zwischenrufe, inkl. der Wiederholung von den eigenen Kinder. Bzgl. Fangesänge, keine Ahnung, ob Liverpool es generell „am Besten“ kann, das war heute schon mehr als großes Kino. Anyway, Aston Villa schoss ein wenig glücklich das 1:1 noch vor der Pause, entsprechend jetzt kollektives Durchdrehen im Gästeblock.  

In der zweiten Halbzeit erfolgte die Klarstellung, warum West Ham auf einen Abstiegsplatz steht. Komplett von der Rolle die Jungs! Da lief gar nichts mehr, warum auch immer. Das Stadion natürlich am kollektiven kollabieren. Aston Villa schaffte es jedoch klarer Überlegenheit erst in der 2.min der Nachspielzeit, den Blackout von WHUFC entsprechend auszunutzen. Rest bedarf keiner Worte. Die ersten Fantrikots flogen in Richtung Spielfeld, Aston Villa Supporter feierten den späten Siegtreffer mehr als ausgelassen.

Fazit, feines Ding, englischer Fußball fetzt. Auch wenn die Ticketpreise für einen 3.Liga erfahrenen Mitteleuropäer komplett an der Realität vorbei schießen. Beeindruckend und vielaussagend, dass die Hütten hier drüben trotzdem fast immer voll sind….  







 
  

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