19.06.2014 Ticketbeschaffung, Transfer, Ruhetag und Halbzeit nach besuchten Stadien

Jäh durch den schrecklichsten aller Laute, dem Weckerklingeln aus eben jenen Hoppergründen erwacht, hieß es Sachen zusammenraffen, auschecken und die paar Meter zum Airport rüber dackeln. Ganz schön düster da draußen, aber egal, hab ja den ganzen Tag ein Dach über den Kopf, wenn auch nur aus Blech, aber immerhin! Also raus aus dem Hotel und ALTER!!!!


Was geht denn hier. Nebel, Reif, KALT!!! Schnell mal Wetter auf Handy gecheckt, ob ich kombinierten Nervenenden- / Synapsenfasching habe, oder ob hier wirklich Pinguine vorbei gerannt sind. Ergebnis, mit mir stimmt alles, okay von dem Trip mal abgesehen, das Wetter spinnt rum.


Waren ja nur ein paar Meter und nach Checkin und Boarding gings wenig später auf Richtung Sao Paulo, wo ein Zwischenstopp auf dem Weg nach Recife eingelegt werden sollte. Dieser Zwischenstopp hatte, so konnte ich eben meinem Handy entnehmen, noch den netten Nebeneffekt, dass ich mein vorletztes fehlendes Ticket, für das Spiel Australien – Spanien in Curitiba, in Empfang nehmen kann. In Vorfreude ob dieser Nachricht sollte es ein recht angenehmer Flug werden, mit eingeschränkter Sicht nach außen aber angenehm.

Mein Ticketdealer, der schlussendlich nen richtig fairen Preis für die CAT1-Karte aufrief war mittels 10 Sekunden dauernden Telefonat ratzfatz gefunden. Ticket gegen Geld getaucht, bissel gesmalltalkt, Reisepläne ausgetauscht und schon hieß es wieder Tschüß, Ahoi und auf Wiedersehen.

Der Flughafen hatte dann auch mal deutlich andere Ausmaße als die bisher Angesteuerten und wusste auch mit einem schicken Plakat Hallo zu sagen.


Die Größe spiegelte sich auch ganz leicht in der Anzahl abgehender Inlandsflüge wieder, waren es doch nicht weniger als 36 Flüge zu inländischen (also ich mag die deutsche Sprache ja wirklich aber im Vergleich zu domestic, was jetzt auch wieder ein bissel wie ein Kloreiniger klingt, klingt inländisch schon arg gestelzt) Zielen in gerade mal 2 Stunden.

Mit immerhin 30 Millionen beförderten Passagieren in 2011 hatte er nur knapp weniger als München. Während meines 3 stündigen Stopp-Overs hatte ich eigentlich nur 2 Dinge zu tun. Unterkunft für heute Nacht buchen und machen dass die Kombination aus Schuhen, Strümpfen und Füßen mir und der Umwelt wohlgesonnen bleibt! Ausschließlich Turnschuhe (2 Paar) im Gepäck und der Umstand täglich im Schnitt 15-17 Stunden in Ihnen zu stecken sind irgendwie keine hinreichend optimalen Umstände. Und tatsächlich fand sich neben allerlei Fressläden, meinem ersten brasilianischen Starbucks, den üblichen Zeitungs- und Technik-Shops auch eine Drogerie. Und was für eine, hier herrscht noch Zucht und Ordnung, wie ich es letztmalig in meinem von der Landkarte radierten Heimatland gesehen habe. Tresen wie in einer Apotheke, der Drogist mit weißem Kittel, Brille und Stift in der Kitteltasche und der am besten ein- und aufgeräumte Ort seit Landung in Brasilien. Der Versuch dem Kollegen alter Schule auf Englisch irgendwie begreiflich zu machen, dass ich gerne einen Textilerfrischer a la Febreze hätte, misslang natürlich vollständig. Auch der Versuch pantomimisch meine Schuhe ins Spiel zu bringen schlug dahingehend fehl, dass er wohl interpretierte, ich hätte mir die Füße wundgescheuert. Die perfekte Reaktion eines guten Drogisten? Jawoll eine große Dose Puder! Okay, ich brach das Spiel hier ab und kaufte mir ein ordinäres Deo!

So langsam musste ich mich auch entscheiden, wie es Übermorgen nun für mich weitergehen soll. Wie geplant nach Rio und ein wenig Ausruhen + Sightseeing oder spontan nach Fortaleza nochmal die deutsche Elf bestaunen und den Kamerad Mögel treffen? Da die Chancen, dass der Zuckerhut und der alte Erlöser da noch länger rumstehen werden gar nicht mal als so gering einzuschätzen sind, waren die Würfel gefallen. Also galt es jetzt neben der Unterkunft in Recife noch 2 Flüge nach und von Fortaleza zu buchen. Unterkunft in Fortaleza war nicht nötig, mal wieder keine Zeit für richtigen Schlaf. Recife war eine der wenigen oder eigentlich die einzige Stadt, in der sich die unfassbar hohen Preise, die schon weit vor der WM umhergeisterten, hielten. Bisher wurde ich für mein spätes Buchen immer belohnt, hab ich doch überall unter, meist deutlich unter 100 Euro gepennt. Das sah noch vor ein paar Monaten mit Mondpreisen für 2-Sterne-Schuppen von 3-400 Euro noch ganz anders aus. Und nein Kollegen Preuße, EF-Kaot und so weiter…richtig Schlafen ist nicht mit 7 unbekannten Menschen, Millionen von ebenfalls unbekannten Kleinsttieren in einem Raum ohne Fenster in 1,75m kurzen, 45 Jahre alten Betten und vor allem mit 30-100 anderen Hostelbewohnern auf einem Klo und unter einer Dusche!!! Das ist noch nicht einmal vegetieren. Dann lieber ruhiges Eckchen in nem klimatisierten und x mal am Tag geschrubbten Terminal!

Aber zurück zu Recife, hier haben sich die Preise in ekliger Höhe gehalten. Von den zu besuchenden Stadien war zwar schon Halbzeit, aber zeitlich befand ich mich noch im ersten Drittel, also war finanziell noch kein Harakiri angesagt. Demzufolge lange dauerte die Suche und größer wurde die Entfernung vom Stadtzentrum. Bei 23 Kilometer Airport – Unterkunft gab es dann etwas Ansprechendes für die erlaubte Summe und die Buchung war gebongt. 23 Kilometer ist ziemlich genau die Strecke vom Flughafen Erfurt-Weimar zum Ibis-Hotel Weimar West in Nohra, gute 20 Minuten Autofahrt also + 10 Minuten Brasilienbonus, Passt! So der naive Junge aus Thüringen zu dem Zeitpunkt! Aber auf jeden Fall mit ner Penne und nem wichtigen Ticket im Gepäck noch besser gelaunt in den zweiten Flieger für heute. Ziel Recife und das ganze mit mal wieder einer neuen Airline. Avianca heißt die gute und macht von der Abfertigung über die Klamotten der Crew bis zum Flieger inklusive Boardmagazin und Inflight-Entertainment-System einen richtig schicken Eindruck. Herausragend war allerdings wirklich das Entertainment-System. Sowas von durchdacht mit allem was man braucht auf engstem Raum und mit einer sensationell zu bedienenden Oberfläche, einfach Hammer. Wem das schon sehr umfangreiche Content-Angebot nicht ausreicht, kann einfach seinen USB-Stick anstöpseln und Musik sowie Videos von eben jenen über das System genießen. Ich hatte nichts dabei, was aber der guten Unterhaltung keinen Abbruch tat, denn so hatte ich endlich mal Gelegenheit die aktuellen Alben von Radioactive, Lord und Daft Punk komplett und in Ruhe zu hören. Dass der USB-Anschluss nicht nur zum Inhalte übertragen da ist, sondern auch die Geräte laden kann, liegt zwar nahe, wollte ich aber nicht unerwähnt lassen. Und das ganze an jedem Sitz in der Holzklasse auf einem Inlandsflug innerhalb Brasiliens.

Nebenbei ein bissel Tagebuch geschrieben und über Recife informiert war eigentlich alles in bester Ordnung, wenn über Recife nicht so viel Schlechtes zu lesen wäre. Mein absoluter „Lieblingssatz“ der hängen geblieben ist, ist folgender:

In Coque, dem Slum von Recife, wo Franklino de Lima starb, töten Kinder nur, um einen guten Platz zum Überfall auf Autofahrer zu verteidigen.“

Okay, ich bin jetzt weder mit dem Auto unterwegs, noch will ich da jemanden sein „Geschäft“ streitig machen, besonders herzlich und vertrauenserweckend klingt das trotzdem nicht! Aber erstmal schauen, wie nah es mich überhaupt an die Einheimischen und speziell die Problembezirke heranbringen wird. In Recife gelandet, hier übrigens der Flughafen mal richtig schön stadtnah und sogar mit einer Metro angebunden und zügig ein Taxi besorgt, hatte ich doch mein Ankommen an der Unterkunft für zwischen 7 und 8 angegeben. Diese Angabe machte ich noch unter der irren Annahme 23 Kilometer von einem Flughafen zu einem Hotel in bzw. um Erfurt hätten auch nur im Geringsten etwas mit 23 Kilometern von einem Flughafen zu einem Hotel in der Peripherie in Brasilien zu tun. Und das obwohl deren Kilometer sicher auch auf dem Urmeter beruhen. Hossa die Waldfee. Taxi war schnell gefunden, Preis schnell ausgehandelt (meist ein gutes Zeichen, wenn es schnell geht, das hätten die Kollegen sicher wieder für die Hälfte bekommen) und schon gings los. Ich das ganze parallel auf Maps verfolgt, was dem Fahrer zum Anlass war, mich auf sein „Entertainment-System“ hinzuweisen. Immerhin mal an der Rückenlehne des Fahrersitzes Ladekabel für 5 verschiedene Telefone hängen gehabt, inklusive Lightning-Anchluss für meine Gerätschaften. Sehr praktisch und nicht nur das. Es war auch dringend nötig, denn die 23 Kilometer dauerten auf der komplett überfüllten Küstenstraße mal eben 2 Stunden. Leicht genervt ging es die letzten 600 Meter durch ein Gebiet, an dessen Ende völlig ausgeschlossen das von mir ausgewählte Hotel liegen konnte. Ich konnte nur hoffen, dass man durch die geschlossenen und verdunkelten Scheiben nicht erkennen konnte, dass ein Fahrgast in dem Taxi sitzt. Irgendwann ganz bald muss jetzt hier ne Mauer, am besten mit Stacheldraht oben rauf kommen und eine von bewaffneten Leuten bewachte Schranke! Gedanke kaum zu Ende gedacht, bot sich exakt das beschriebene Bild. Mittlerweile wieder 13 Stunden auf Achse hatte ich aber keine Muse mehr, mir darüber tiefgründigere Gedanken zu machen. Ich war nur noch zum Einchecken, Bier öffnen, Moskitonetz aufhängen, Fernseher anschalten fähig sein. Und ein bisschen Schlaf kann nicht schaden, morgen ist endlich wieder Fußball.


Teil 1: Auf nach Brasilien!
Teil 2: 14.06.2014 Kolumbien – Griechenland, Estadio Mineirao – Belo Horizonte
Teil 3: 15.06.2014 Schweiz – Ecuador, Estadio Nacional – Brasilia
Teil 4: 16.06.2014 Deutschland – Portugl, Arena Fonte Nova – Salvador
Teil 5: 17.06.2014 Russland – Südkorea, Arena Pantanal - Cuiaba
Teil 6: 18.06.2014 Australien – Niederlande, Estadio Beira-Rio – Porto Alegre
Teil 7: 19.06.2014 Ticketbeschaffung, Transfer, Ruhetag und Halbzeit nach besuchten Stadien

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