14.06.2014 Kolumbien – Griechenland, Estadio Mineirao – Belo Horizonte

Lieber unruhig schlafen wie die beiden Teams, als gar nicht! Gepäck ohne erkennbare Not erst 2 Stunden vor Abflug losgeworden und 40 Minuten vor Abflug Boarding, da blieb kaum Zeit zum grunzen. Außerdem war hier ein ganz schönes Gewusele am Flughafen. Dafür, dass das Teil in der Größe irgendwo zwischen Erfurt-Weimar und Halle-Leipzig liegen muss, fliegen hier speziell nachts irgendwie mehr Maschinen rum. Nach TAP und TAM gabs heute mit Azul eine weitere Airline und irgendwie wusste die zu gefallen. Da gabs echt Live-TV drin. Wie live das Signal da hoch kommt, konnte ich leider nicht überprüfen, denn bevor irgendeine Nachrichtensendung oder was mit Uhr kam, hat es mich dahin gerafft! Diverse Versuche mich mit Essen, Getränken und nervigen Sicherheitsgedöns wach zu halten waren zum Scheitern verurteilt.

Erst mit Aufsetzen auf der Landebahn des nach Flugbewegungen fünftgrößten Airport Brasiliens, zog wieder richtige Leben in mich ein. Dies nicht zuletzt, weil mal wieder nichts von der vom Kollegen Rainer versprochenen „Samtpfötchenlandung“ zu spüren war. Hallo Airport, hab hier ein Flugzeug…nimm…bruch, klatsch. Wie ein Top5-Airport wirkt der etwas außerhalb Belo Horizontes liegende Flughafen gar nicht. Recht sympathisch, überschaubar und auch wieder mit Checkin-Schaltern an der frischen Luft, welche hier schon früh um 7 vermuten ließen, dass es ein angenehmerer Tag als in Natal werden sollte. Das Schlafen im Flugzeug hatte natürlich den kleinen Nachteil, dass die Nahrungsaufnahme zu kurz kam (wir sparen uns jetzt kollektiv Kommentare, dass das auch mal nicht schaden kann). Da aber auch dringender Bedarf an Kaffee bestand, um die gerade erwachten Lebensgeister nicht gleich wieder verabschieden zu müssen, war nun der richtige Zeitpunkt für ein leckeres Flughafenfrühstück. Ganz vergessen zu schreiben, dass ich seit gestern von Umhängetasche auf Plastebeutel umgestellt habe. Beim Kauf meines Adapterkabels gabs „schicke“ Plastetüten zu und sowohl der Reiseführer, als auch mein Reisekollege von Südafrika 2010 schwören auf die Teile als Signal für potentielle Räuber, von wegen „Assi on Tour – nix zu holen“. Wer tut schon ne NEX-7, nen Reisepass und Geld in ne lausige Plastetüte! Hoffentlich lesen Taschendiebe eine Lonely Planet! Zurück zum Frühstück. Eine passende „Bar“ war schnell gefunden. Die Bestellung aufgeben war da schon etwas herausfordernder! Scheiß Spiel früh um 7 und leicht übernächtigt, ich hätte auch keine 10 Sekunden länger mehr mitgespielt. Eine Kollegin hat dann dem Treiben ein Ende gesetzt von wegen, wenn der so doof ist, bekommt er halt was er will. Geht doch! Was war los!? Dass ich einen Kaffee will, war noch recht easy beizubringen. Das Brötchen (Toast, Ciabatta, Crossino, whatever) lag da, ich dachte da reicht Fingerzeig, beim Kaffee musste ich immerhin reden. Aber weit gefehlt! Draufzeigen galt nicht! Das Ding war eindeutig zu identifizieren weil nur 3 Stück da lagen und mein Finger nur durch eine Scheibe getrennt weniger als 3 Zentimeter direkt auf meine Beute zeigte. Wildes Kopfgeschüttel und Speisekarte gereichen. Ich bin ja hier der Fremde und so wollt ich nicht diskutieren, vielleicht lässt sich das Teil ja mittels Bild auf der Karte finden. Die Idee hielt exakt 1 Sekunde, denn die Karte war schwarz-weiß, ohne Bilder und selbstredend einsprachig, was sonst auf dem fünftgrößten Flughafen eines ausgesprochenen Fluglandes. Für mich stand da 67 Mal Crossino auf Portugiesisch und ich weiß schon zu Hause nicht, was ein Crossino von einem Brötchen unterscheidet. Also Karte zurück, Schulter gezuckt, auf Englisch, Deutsch und internationaler Mimik und Gestik zu verstehen gegeben, dass das auch Elbisch oder Klingonisch sein könnte. Ich nix verstehen, ich dieses Brötchen – ZEIG!!!! – haben will! Dummerweise antwortete die Tante jetzt ebenfalls international verständlich, dass sie keine Ahnung hatte, was ich will. Ich hab echt kurz überlegt, was das Problem sein könnte, eine hundertstel Sekunde sogar, ob ich das Problem bin bzw. verursache, bin dann aber schnell zum Schluss gekommen, dass die heute Touri-Verarschen spielen oder die komplett behämmert ist. Das spiel ging noch einige Sekunden so weiter, bis ich sauer, sie traurig und ihre Kollegin zu allem entschlossen war. Zum Glück entschloss sie sich, ihrer Tante was zu erzählen, zu kichern und mir dann endlich mein belegtes Etwas zu geben. Was ne Uffrechung wegen so nem Teil. Das kann ja heiter werden, wenn ich hier mal was Wichtiges aus der Apotheke brauche oder so! Dafür hat es dann aber auch genial geschmeckt, der frühe Kampf hat sich gelohnt. So oder so ähnlich muss sich eine Löwe fühlen, nachdem er stundenlang an so nem Gnu rumgenagt hat, bis das endlich nicht mehr zappelt. Bissel im Reiseführer geblättert, um zu schauen, ob ums Stadion herum irgendwas geht. Der „Zwang“ den Vormittag geplant zu verbringen, hat sich ja leider gestern zerschlagen, als ich nochmal die Öffnungszeiten des HRC prüfen wollte. Das letzte HRC Brasiliens hat in der letzten Mai-Woche geschlossen. Unfassbar! Da wurschteln die x Jahre vor sich hin und 2 Wochen bevor Ihnen hunderttausende Touris mit Hang zum Souvenirsammeln inklusive mir auf den Silbertablett gereicht werden, schließen die das Ding! Würde mich echt al interessieren, warum sich das hier nicht halten soll aber in Almaty.

Schon wieder abgeschweift, der Reiseführer meinte auf jeden Fall, dass sich die Gegend um das Stadion auf jeden Fall lohne. Das Stadion steht nämlich im Stadtteil Pampulha, Namenspate der ersten Schaffensperiode von Oscar Niemeyer (brasilianischer Architekt), wobei diese Umschreibung für dessen Lebenswerk wohl etwas untertrieben ist. Eine dreitägige Staatstrauer nach seinem Tot 2012 lässt schon eher erahnen, was dieser Niemeyer für Brasilien bedeutet. Auf jeden Fall hinterließ er auch in diesem Stadtteil seine Spuren und die konnte man sich ja mal anschauen, weil dazu unter anderem auch ein künstlich angelegter See gehört, der wenige Fußminuten vom Stadion entfernt lag und einiges an Unterhaltung und Erholung zu bieten haben soll.

Auf der Suche nach der ausgeschilderten Gepäckaufbewahrung bekam ich mit, dass an Spieltagen Shuttlebusse vom Flughafen direkt zum Stadion eingerichtet und diese mit 10 Real (3 Euro) auch ziemlich günstig sind. Der Entschluss erstmal zum Stadion und nicht in die Stadt zu fahren stand fest! Wenn dort gar nix ginge, könnte ich ja immer noch ein Taxi nehmen, so wieder meine naive Annahme, wenn ich um 8 mit nem Bus 20 Kilometer fahre und erst um 12 wieder am Stadion sein müsste. Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt! Die Schließfächer, ja aus Gepäckaufbewahrung wurde Schließfach, waren gefunden, leider gab mein immer noch nicht vollständig erwachtes ich nicht genug her, diese Dinger auch bedienen zu können. Manno!!!! Schließfach, was kann man denn daran nicht verstehen bzw. was kann man daran verkomplizieren außer Tür auf, Geldstück(e) rein, Tür zu, Schlüssel rum oder Code eingeben (hehe hier Code eingeben, genau, die Dinger waren wahrscheinlich schon auf der Titanic verbaut und vor 2 Jahren heimlich geborgen, um sie hier aufzustellen). Hier brauchte man einen Coin. Okay, könnte auch Geldstück bedeuten, doof nur, dass keines meiner 5 verschiedenen auch nur ansatzweise passte und auch nicht da stand was denn für eins. Direkt gegenüber den Schließfächern war der Stand für den Ticketkauf der Shuttlebusse. Da hier heute das erste Spiel stattfand und das irgendwelche Volontäre machten, die sich sonst offensichtlich nicht ganztägig am Airport rumtrieben, hatte auch niemand ne Ahnung! Also wieder rein an den Infoschalter und dort ne nett anzuschauende Tante angequatscht. Oha! Sie verstand mich, sie sprach ziemlich gut Englisch, hatte aber auch keine Ahnung bzw. glaubte zu wissen, dass da immer einer rumsteht, der Coins austeilt! Häh?? Anstatt die Automaten Geld fressen zu lassen, steht EIGENTLICH einer da, der Geld gegen Coins tauscht…hmmm! Ich auf jeden Fall gesagt glaub ich nicht und schwubbs Schild auf den Tresen von wegen „Komme gleich wieder“ und schon gings raus und sie zeigte mir den Geld/Coin-Wechsler, der jetzt direkt vor den Schließfächern stand! Mit ihrem doofen Grinsen war sie jetzt gar nicht mehr so nett anzuschauen, meiner Aufforderung ihn zu fragen, wo er gerade war, kam sie auch nicht nach und verabschiedete sich, grr! Da der Kollege Null, Null Englisch sprach, keine Ahnung, ob der überhaupt sprechen konnte, bestand seine unfassbare Tätigkeit echt darin, mir nen 10er abzunehmen und einen geriffelten Coin dafür zu geben, fertig! Oh man, nun gut! Meinem Zwischenziel den Rucksack loszuwerden bin ich einen entscheidenden Schritt näher gekommen. Denn Tür auf, Rucksack rein, Coin einwerfen, Tür schließen, Schlüssel umdrehen und abziehen waren dann schnell erledigt! Dann gleich gegenüber das Ticket für den Shuttle erstanden und schon ging die Reise für mich und meine Plastetüten weiter! Beim Einsteigen gab es den ersten kleinen, beim Losfahren den zweiten etwas größeren und am ersten Berg den entscheidenden Hinweis darauf, dass die Option dann noch in die Stadt zu fahren keine mehr ist! Alter Verwalter, warum das nur 3 Euro kostet wurde jetzt zu Teil klar. Offensichtlich hat das örtliche Fahrzeugmuseum ein paar Exponate unentgeltlich zur Verfügung gestellt, wahrscheinlich in der Hoffnung, dass irgendeiner die zu Schrott fährt, weil im Museum alle über die Teile lachen. Auf der im Gegensatz zu Natal perfekt ausgebauten 6, teils 8-spurigen Autobahn, fuhr der teilweise Schritt-Tempo. Dies hatte dann auch zur Folge, dass wir erst halb 10 am Stadion waren, was mich allerdings gar nicht störte. Erstens muss jetzt nicht mehr zu viel Zeit rumgebracht, heißt Beschäftigung gesucht werden und zweitens hatte man auf der Fahrt ausreichend Gelegenheit die Landschaft anzuschauen. Wichtigste Erkenntnis war, sehr hügelig und waldig, zweite – verdammt viele Mienen, sowohl stillgelegte als auch aktive. Also so richtig viele! Wenn man dann kurz nachdenkt (also als Fußballinteressierter) und danach noch den Reiseführer zu Rate zieht gibt das ganze auch ein Bild. Warum nachdenken? Eine nicht gerade unbekannte brasilianische Mannschaft, welche auch im Dezember an der letzten FIFA-Klub-WM in Marokko teilgenommen hat, kommt hier aus Belo Horizonte und heißt Atlético Mineiro (für Fetischisten Clube Atlético Mineiro), was so viel wie Athletische Bergleute heißt. Das Wismut Aue Brasiliens quasi. Auch der Name des Bundesstaates gibt schon einige Hinweise auf die vergangene aber auch aktuelle Aktivität in Sachen Bergbau, befindet sich Belo Horizonte doch in Minas Gerais. Und wo wir gerade bissel Geografie machen, allein dieser Bundesstaat ist übrigens deutlich größer als Deutschland. Um 1695 war das hier wohl auch mal der Nabel der Welt, weil massenweise Gold und Diamanten gefunden wurden, die damals schon Sklaven aus Afrika aus der Erde holten. 1695!!!! TAP bekommt 2014 kein Flieger planmäßig hierher aber 1695 haben Leute aus Afrika, Leuten eigentlich aus Europa in Südamerika Schmuck aus der Erde geholt, Sachen gibt’s!

So lehrreich und schick die Fahrt auch war, irgendwann hat er seinen Bus dann zumindest mal in die Nähe des Stadions bekommen. Dort dann wieder mal ein Beispiel dafür, warum es trotz aller Fortschritte in solchen Ländern klemmt. Das ist kein Urteil, sondern eine Schilderung. Darf sich jeder seinen eigenen Reim drauf machen, ob nicht vielleicht gerade das so sympathisch ist! Ach komm, ich urteile doch. Ich find es Panne! Der Typ hatte nicht den leisesten Plan, wo er hin musste. Am Airport hab ich das Werbeschild für den Shuttlebus fotografiert, auf dem die Haltestelle in nem Stadtplan eingezeichnet war, damit ich nach dem Spiel den Bus wieder finde. Hatte ja keine Ahnung wo ich reingehe, wo ich wieder rauskomme und wie easy die Gegend dort zu kapieren war. Während ich also wusste, wo er hin muss, hat der das Stadion 2 mal umrundet, mindestens 5 Polizisten, Militärpolizisten, Gardisten und was hier noch alles Uniform an und Dienst hatte, sowie 2 Passanten gefragt. Irgendwann ist dann ein Fahrgast mit nem Handy vor und hat ihm den Weg gewiesen. Hat das Schild offensichtlich auch gelesen und vielleicht fotografiert! Jetzt meine Frage, nein Kritik! Die wissen seit 8 Jahren, dass sie die WM haben, ich gehe mal davon aus, dass das Verkehrskonzept auch nicht erst seit gestern steht. Haben die dann keine Einsatzplanung mit den Fahrern gemacht oder hat der Kollege da Kreide geholt! Immerhin hat er den Oldtimer sicher herbekommen, Applaus und raus! Schnell ne Stadionrunde auf der Suche nach schicken Fotomotiven bzw. Positionen und dann mal Kurs See gesetzt. Echt schxxxx idyllisch gelegen das ganze hier. Das Stadion auf ner leichten Anhöhe, den schicken See zu Füßen, ganz viele Palmen ringsherum, himmlisch! Dazu noch Kaiserwetter oder darf man das Wetter jetzt 90 Tage lang nicht Kaiserwetter nennen, wegen der Verfehlungen vom Kaiser? Irgendwie hab ich schon ganz schön viele Worte verloren merke ich gerade, daher jetzt Schnelldurchgang. See fetzt, verdammt schick angelegt und ACHTUNG!!! auch in Ordnung gehalten. Ufer tipptopp gemäht, Bäume gepflegt, Straßen sauber, Palmen die schön gewachsen Schatten spenden, sehr schick! Am See entlang zu einem Werk von Oscar Niemeyer, der São Francisco – Kirche. Dafür dass wir 1943 noch meinten Krieg machen zu müssen, hat der Kollege da schon ziemlich futuristische (Architekten und Künstler werft Steine auf mich, dass ist bestimmt nicht futuristisch sondern irgendwas anderes) Kirchen bauen lassen.
Unfassbar schick fand ich das Teil jetzt nicht, aber jeder fängt mal klein an und spätestens mit der Erschaffung von Brasilia 15 Jahre später hat er bewiesen, was er kann. Zitat Wiki „Alle öffentlichen Gebäude in der auf dem Reißbrett geplanten Stadt stammen aus seiner Hand“

Mittlerweile halb 11, überkam mich Durst und der Drang den Ground, den man von hier über den See hinweg noch gut sehen konnte, zu entern. Also war die Kirche mein Wendepunkt. Zum Trinken gabs ne eiskalte und echt verdammt leckere Kokosnuss. Weit und breit (so ca. 1000 km) kein Meer aber Kokosnuss, Palmen, See und Kaiserwetter (ich trau mich einfach und sags weiter) ließen echt Stimmung aufkommen.

Also kurz niedergelassen, Leben genossen und dann husch rein in die jetzt aufgezogene Sicherheitszone und dann ins Stadion. So der Plan, den aber wieder jemand völlig sinn- und grundlos kaputt machen wollte. Ich dachte schon, ich schau recht unfreundlich drein aber irgendwie muss ich mir noch ein „ich bin unausgeschlafen und hab keine Bock auf sinnlose Schikane“ – Gesicht zulegen. Mich nicht einmal abtasten und nach bösen Wurfgeschossen suchen aber die Becher vom gestrigen Spiel nicht mit reinnehmen lassen (warum auch immer die nicht im Schließfach geblieben sind, keine Ahnung)! Ich dacht die Tante will mich verarschen. Wollt die mir echt die Teile wegnehmen…ABER HALT! Gestern entschieden, dass ich von jedem Spiel so ein Ding mit heimbringe, werde ich mir jetzt nicht die vom ersten wegnehmen lassen. Also Konfrontation. So im Nachhinein betrachtet kann die Polizei in Brasilien mit dem Begriff verbale Konfrontation wahrscheinlich eher weniger anfangen, hier geht’s ja in letzter Zeit eher handfest bis bleihaltig zur Sache. Auf jeden Fall hab ich der Tante und dem herbeigeeilten Kollegen auf denglisch zu verstehen gegeben, dass das ja wohl der Schwachsinn in Tüten ist, da ich den gleichen, okay nen kongruenten Grundbecher mit anderem Aufdruck, wenige Minuten später zu tausenden erwerben kann. Warum sollte ich also den nicht mit reinnehmen dürfen? Antwort, nachdem der Becher nochmal prüfend angefasst, zusammengedrückt und begutachtet wurde, der ist zu hart, das erlaubt die FIFA nicht! Aaarghhhh! Hat die nicht zugehört?!?!? Die FIFA verkauft Becher im Stadion (bzw. das Bier in dem Becher), die zu hart sind, um sie mit reinzunehmen aber gut sind, um drinnen Bier draus zu trinken. Die Lady war jetzt schon bissel wütend aber der besonnen Kollege, schien erkannt zu haben, dass sie hier auf dem Holzweg sind. Mit einem Becher in der Hand von dannen gezogen, kam er 2 Minuten später wieder und lies mich meiner Wege gehen.
Würde ja ums Verrecken gern wissen, ob der wirklich irgendwen gesprochen hat oder ob er nur bis 100 gezählt hat, um seine Kollegin nicht bloß zu stellen.
Jetzt aber flinke Füße, mein Plan 2 Stunden vor Kickoff drinnen zu sein, ging schon nicht mehr ganz auf. Einlass trotz längerer Schlange als im Regenguss von Natal, sehr flott! Wenn alle mitmachen ist so ne Schleuse nicht langsamer als abgetastet zu werden.

Tüten aufs Band, durch die Schleuse, nicht piepen, Tüten nehmen, fertig! Drin dann ziemlich coole Fotos von außen geschossen, dann Bier im neuen Becher geholt und das auch zur Tradition erhobene Becher-Mittellinien-Foto geschossen. Kurz danach begann dann die Invasion, die sich schon optisch am See angekündigt hat. Zehntausende Kolumbianer, davon 95% in Gelb gekleidet strömten ins Stadion und bildeten am Ende der Invasion oder besser am Anfang des Spiels ein imposantes Bild. Endlich kann ich das Bild der Holländer 2004 in Portugal aus meinem Gedächtnis streichen, als seinerzeit das halbe Stadion (oder mehr) in den Farben der Müllabfuhr leuchtete. Die höhere Strahlkraft des Oranges gegenüber dem Gelb wurde durch eine noch beeindruckendere Anzahl und vor allem Verhältnis, waren wir im Gegensatz zu den Griechen heute, zahlenmäßig zumindest wahrnehmbar in Portugal) wettgemacht. Apropos Griechen. Wäre da nicht ein paar äußerst kreative Fans in schicken Verkleidungen unterwegs gewesen, hätte man die gar nicht wahrgenommen. Weder auf dem Feld noch auf den Rängen. 2004 noch völlig überraschend Europameister war die Qualifikation zu dieser WM noch einigermaßen souverän (12 Punkte Vorsprung auf Platz 3 und ein 4:2 gegen Rumänien in den Playoffs), im Spiel gegen die viel aggressiveren und willigeren Südamerikanern ließen sie aber alles vermissen. 3 Chancen, ansonsten recht planloses und vor allem lustloses Gekicke. Zur Halbzeit führte Kolumbien ohne dabei zu glänzen mit 1:0. Glänzen konnte dafür der Anhang in Gelb. Abwechselnd knackige Anfeuerungen, an denen sich nahezu alle Gelbgekleideten beteiligten, wechselten sich mit nettem Singsang ab. Auch die Durchmischung der Fans war ziemlich beachtlich dafür, dass das nicht mal eben mit dem Bus zu erfahren ist. Familien mit Kleinkindern, Rentner, Jungspunte, die in Deutschland sicher nicht alleine reisen dürften, alles dabei. In der Halbzeit hatte ich dann auch Kontakt zu einem Kolumbianer, da er meine Idee aufgriff und an einer Fahrstuhltür (ja Fahrstühle gibt es zu Hauf hier im Stadion) bzw. an den daneben angebrachten Steckdosen sein Handy 15 Minuten lang mit Strom versorgte. Laut seinen Aussagen haben sich 35000 auf den Weg gemacht, darunter auch einige mit Bussen. Meine ungläubige Frage, ob das nicht 3,4 Tage dauern würde konterte eher noch ungläubiger mit „wenn alles gut geht, sind die knapp 2 Monate unterwegs“. Ähm, iss klar! Er war mit dem Flieger da und auch ganz froh drum. Zweite Halbzeit dann gleiches Bild. Kolumbien engagierter und aggressiver, Griechenland schluderig im Umgang mit den wenigen Chancen und so gabs folgerichtig noch ein deutlicheres Ergebnis. Nach dem Spiel galts dann flinke Füße zu machen, stand doch heute noch der Weiterflug nach Brasilia an und wurde dieser von 21:45 auf 18:45 Uhr vorverlegt. Glücklicher Weise waren die anderen Busfahrerkollegen besser informiert und warteten an der angegebenen Position, welche über eine schicke alte kopfsteinbepflasterte und von Palmen gesäumte Straße zu erreichen war.

Die Fahrt zurück war zwar ähnlich lang, konnte aber gut damit verbracht werden, wie ein kleiner Kolumbianer seine Freundin vor 4 US-Fans, ihren Erzählungen nach fast schon der Gattung Hopper (im Anfangsstadium) zuzuordnen, beschützte. Die 4 Jungs eigentlich ganz gut drauf aber mit dem unvergleichlichen Hang zu amerikanischen Überheblichkeit (ich wünsche ein knackiges krachendes Vorrunden-Aus, sorry Jürgen) ausgestattet gruben wie wild an der südamerikanischen Maus herum. Der kleine Latino kämpfte wie ein Mann und nach 30 Minuten konnte das Thema von seiner Freundin auf Fußball gelenkt werden und es entsponn sich eine nette Unterhaltung. Zeitgleich mit deren Verflachung und Lobdudelei auf die jeweiligen Nationalteams erreichten wir den Airport. Alle man raus, Gepäck unversehrt aus dem Schließfach entnommen und rein ins Getümmel, waren doch dank zahlreicher Shuttles schnell viele Leute hier. Ich ganz schnell hinter die Sicherheitskontrollen und dort eine ähnliche Sache, wie das geschlossene HRC bewundert. Da kommen wie gesagt tausende, wenn nicht hunderttausende hierher und wann eröffnen die nen Pizza—Hut, neben einem echt lausigen Cafe der einzige Fressladen hinter der Security, richtig in 4 Wochen. Aber immerhin konnte man den Leuten beim Hämmern, schleifen, bohren, sägen zusehen und hören. Also wie immer auf den Flughäfen die Stromvernichtungsmaschine von Apple an die Dose und auf Boarding warten. Relativ pünktlich gings dann auf die 2 ½ stündige Reise nach Brasilia, wo ein schickes Hotel in absoluter Nähe zum morgigen Spielort auf mich warten sollte. In Brasilia war dann Qual der Wahl ein sicheres teures Taxi oder ein spottbilligen Bus zu nehmen. Grundregel war ja eigentlich „bei Tageslicht ruhig ÖPNV, bei Dunkelheit Taxi“ aber der Preisunterschied war echt krass und außerdem no risk no fun, ein Feigling hat noch selten was erlebt. Und sind wir mal ehrlich, dass ist ein Shuttle, da müsste echt schon viel zusammenkommen. So war die Fahrt dann auch total smooth und in 25 Minuten die recht schicke Hotel-Area-Nord erreicht. Eine Station davor hielt man an der Central-Station, da war es schon recht finster und ich recht froh, als sich die Türen wieder schlossen. Keine 3 Minuten später durfte ich dann auch raus aus der Kiste und rein in meinen Betonklotz der einen Steinwurf vom TV-Tower entfernt steht. Leider der hässlichste Fernsehturm den ich je gesehen habe und das waren einige. Einchecken völlig problemlos, ich unk jetzt nicht zu viel, aber über die Reservierungen bin ich echt positiv überrascht. Zimmer gecheckt, für gut befunden, was zu beißen und trinken besorgt, Fußball angeschaltet, um mich über die anderen Spiele auf dem Laufenden zu halten. Aber ungeduscht und angezogen eingepennt…wach ich wieder auf, schaff ich es noch unter die Dusche, erfahr ich die Ergebnisse des Tages und vor allem: Wie schlagen sich die Eidgenossen gegen Kamerun? Ich denke mal, morgen wisst ihr es!


Teil 1: Auf nach Brasilien!
Teil 2: 14.06.2014 Kolumbien – Griechenland, Estadio Mineirao – Belo Horizonte
Teil 3: 15.06.2014 Schweiz – Ecuador, Estadio Nacional – Brasilia
Teil 4: 16.06.2014 Deutschland – Portugl, Arena Fonte Nova – Salvador
Teil 5: 17.06.2014 Russland – Südkorea, Arena Pantanal - Cuiaba
Teil 6: 18.06.2014 Australien – Niederlande, Estadio Beira-Rio – Porto Alegre
Teil 7: 19.06.2014 Ticketbeschaffung, Transfer, Ruhetag und Halbzeit nach besuchten Stadien

Stadionpanoramen - Schmalympics - 3C Deutschland GmbH