Tag 3 - Die Vereinigung

Heute sollte die längste Etappe der Tour auf dem Programm stehen, die dann am Abend noch nicht mal mit einem Live-Spiel gekrönt wird.
In den nächsten 10 Stunden muss echt der Weg das Ziel sein, da es sich um eine reine Transfer-Etappe durch die Weiten der Ukraine handelt, einzig dem Ziel dienend, morgen Donetsk zu erreichen. Freudiges Begleitereignis stellt dabei die geplante Vereinigung mit dem Kollektiv Südharz dar, welche in den Morgenstunden irgendwo auf der Straße von Lemberg nach Ternopil stattfinden sollte. Der geneigte Leser (vor allem der ohne Ukraine-Erfahrung) könnte sich oder mich jetzt fragen, warum wir denn nicht gemeinsam aus Lemberg gestartet sind, anstatt sich irgendwo in der Pampa zu treffen. In den meisten europäischen Städten sicher richtig, hier wäre aber ein Umweg durch die Innenstadt ein zu großer Zeitfresser, sowie ein nicht vertretbares Risiko für Stoßdämpfer, Radlager und Ölwanne gewesen.

Fast pünktlich ging es dann ein kleines Stück nach Westen, um anschließend am Stadion vorbei Lemberg südlich zu umfahren und dann Kurs Süd-Ost zu setzen. An der noch im Großraum Lemberg befindlichen Shell-Tankstelle konnte ich meine Kreditwürdigkeit bezeugen, denn nachdem ich an keinem (locker 15 Stück versucht) Geldautomat auch nur eine Kröte bekommen hatte, ging hier bezahlen ganz geschmeidig! Also stand meine monetäre Aufgabe für die nächsten Tage fest, ich werde Mineralöl-Minister!


Nächster Zeitpunkt von Interesse war die via SMS organisierte Vereinigung mit dem Kollektiv Südharz an einer idyllisch gelegenen Tankstelle kurz vor der Stadt Ternopil. Was eigentlich nur der Startpunkt für das gemeinsame Weiterreisen gedacht war entwickelte sich natürlich erst einmal zum großen Hallosagen, Vorstellen (nicht alle kannten sich schon, was ja in der riesigen Erfurter Fanszene auch gar nicht geht) und Erfahrungen der letzten Tage Austauschen. Und wie wir da alle so zusammen standen zündete das Fremdenverkehrsamt Ukraine sein nächstes Knallbonbon. Man stelle sich folgende Szenerie vor. Schnurgerade aber völlig zerschossene Landstraße, eine kleine Tanke entgegen unserer Fahrtrichtung, gegenüber mal wieder ein bunt geschmückter aber sonst leicht gammliger (Grabsteine schief, Zäune verrostet und verbogen) Friedhof, überall Pfützen und abgerissen Baumteile von einem kleinen Unwetter in der Nacht, kaum Verkehr und daher ziemliche Ruhe in der wir uns unterhielten. Kommt plötzlich ein Mütterchen mit Kopftuch und in Badelatschen, ein Fahrrad neben sich schiebend und eine ausgewachsene Kuh an einer Leine an der anderen Seite mit sich führend, daher gelaufen. Das alleine schon ein Anblick für die Götter, ließ Babuschka aber auch noch schauspielerisches Talent aufblitzen, wenn sie der Kuh jedes Mal wenn selbige aus einer Pfütze trinken wollte, volles Produkt die Leine auf den Ranzen und vors Maul gekloppt hat. Das ganze natürlich untermalt durch einige russische oder ukrainische Hass-Tiraden gegen ihre Kuh. Einfach köstlich diese Aufführung.

Weiter ging es nun im Konvoi mit 1, 2 Raucher- / Umseckgeh - Pausen bis das Führungsfahrzeug ein geeignetes Lokal für das heutige Mittag ausmachte.



Zur Feier des Tages und zur Kompensation des nicht eingenommenen Frühstücks durfte es auch ruhig etwas besser sein. Und das war es definitiv, was aber auch gleich zur Folge hatte, dass von einem deutlichen Preisvorteil zu Deutschland nichts mehr zu spüren war. Besonders gern wurde übrigens Soljanka und Schaschlik bestellt, Soljanka war bissel schwach auf der Brust, Schaschlik extrem lecker.

Neben lecker und nicht billig war die ganze Aktion auch noch einigermaßen zeitraubend, was unseren Plan, am heutigen Etappenziel beide Spiele im TV zu verfolgen, in Gefahr brachte. Demzufolge wurden rasch die beiden Renaults (Kollektiv Südharz hatte einen Clio zugeteilt bekommen) gesattelt und weiter gings Richtung Süd-Ost. Im weiteren Verlauf der Fahrt konnte man wohlwollend feststellen, dass das Warnen vor Polizeikontrollen mittels hektischem Betätigen der Lichthupe hier bestens funktioniert. Fetten Dank, dass uns u.a. dadurch Kontakt mit den einheimischen Verkehrspolizisten und vor allem deren Bestechung bisher erspart geblieben ist. Mal schauen, ob wir das bis zum Ende durchhalten.

Bei einem weiteren Stopp versorgten sich Teile des Kollektivs Südharz mit neuem Bier, während sich die älteren Semester unserer Gruppe an altbekannten sowjetischen Waffeleis erfreuten. Schmeckt noch genau wie früher, sehr lustig.

Recht lustig ist auch die Geschichte hinter dem Bierkauf der Jungs, führen sie doch eine Liste, wer wie viele Bier auf der Reise vertilgt. Henne hat dazu noch nen kleinen Privat-Contest laufen, Ziel sind 100 Bier, bis er wieder zu Hause ist.

Die letzten paar Kilometer bis Kirovohrad wurden dann souverän abgerissen, nur das Hotel war nicht dort, wo das Navi der Jungs es vermutete. Zum Glück konnte Google Maps seine Scharte vom ersten Tag ausmerzen und aufklären, dass das Hotel am exakt anderen Ende der Strasse lag. Vorbei am städtischen Ground, welcher Kurzerhand auf das Morgenprogramm gesetzt wurde, erreichten wir ca. zur Halbzeitpause des frühabendlichen Kicks unser Nachtlager. Erster Eindruck - deutlich zu Nobel für unsere Reisegruppe, aber da der Preis stimmte nahm man natürlich gerne jede Annehmlichkeit mit. Alle man auf Bude und für das spätabendliche Spiel zum gemeinsamen Schauen verabredet, ob mit weggehen oder im hoteleigenen Restaurant mit ausreichend guten Flat-TV's stand noch nicht fest. Da die letzte Nacht und der heutige Tag doch alle ein bissel mitgenommen hatte, fiel die Wahl dann doch auf das Restaurant im Keller. Nicht wirklich die cleverste Wahl, wie sich später am Abend herausstellen sollte aber erst einmal ging es nicht ganz schlecht los. Ein großer Tisch, an den wir alle dran passten, guter Blick auf leicht griselnte Bildschirme und mit Irland-Kroatien ein Spiel zweier sympathischer Mannschaften. Zuerst wurden wir dadurch verwirrt, dass der schön eingedeckte Tisch abgedeckt wurde, ohne dass überhaupt die Frage gestellt worden wäre, ob wir was essen wollen. Als wir dann endlich irgendwann bestellt hatten, wurde natürlich gut ein viertel vergessen, so dass es den ganzen Abend über eine einzige Nachbestellerei war. Dann wurden wir erstmals mit einer Sache konfrontiert, die uns sehr komisch vorkam bzw. erst einmal Betrug wittern ließ, auf Grund häufiger Wiederholung an den folgenden Tagen aber offensichtlich üblich ist. Werden wir bei Gelegenheit mal mit einem Eingeborenen hier klären müssen. Was war geschehen? Mehrere Leute haben das Gleiche bestellt, was dann kommentar- und hinweislos einem Teller zusammengefasst. Beispiel - 4 mal Chicken Wings bestellt, 2 Teller geliefert. Da die Portionen nun auch nicht die aller üppigsten waren hatten wir keine Chance zu erkennen, dass hier eine tellersparbegründete oder Geselligkeit fördernde Zusammenfassung der Speisen stattfand. Vielmehr sind wir davon ausgegangen, dass große Teile der Bestellung mal wieder im "ich schreib mir nichts auf, dafür vergess ich die Hälfte" untergegangen sind. Da dann auf der Rechnung aber viermal Wings auftauchten war Aufklärung angesagt und es wurde uns erklärt bzw. bestätigt, dass einige Gerichte auf Sammeltellern zusammengefasst wurden.

Ich vermute da so ein Geselligkeitsding dahinter, werde das aber wie gesagt versuchen im Verlauf der Reise zu klären.

Das alles war nur nervig und verkomplizierte den Abend etwas, das abschließende Highlight was die insgesamt sehr distanzierte Restaurant-Crew zu bieten hatte, war dann allerdings abendzerstörend bzw. beendend und somit überhaupt nicht der Geselligkeit zutragend. Kommen die kurz vor 11 an den Tisch und erklären, dass hier 11 Schicht im Schacht sei und wir uns doch langsam verkrümeln sollten. Ähm Hallo?! Fußball läuft noch 30 Minuten und hier sitzen 8 durstige Kehlen, die in der Zeit sicher noch zwei Getränke nehmen würden, Teile vom Trinker-Kollektiv Südharz sicher auch drei bis vier.

Alles Reden nützte nichts, also hieß es mit Ganzkörperhals den Rückzug antreten und nach Alternativen suchen. Irgendeiner kam auf die Idee, dass ja in der 24-Stunden-Lobby Fernseher hingen und die durchaus nette Lady an der Rezeption sicher zum Umschalten zu bewegen wäre. Wäre sie wohl auch, leider waren die Teile ohne Empfangsmodul und dienten als bessere Bilderrahmen. Da die Stimmung jetzt hin war und am Morgen die Weiterreise auch wieder um 8 starten sollte, verzogen sich die einzelnen "Pärchen" auf Ihre Gemächer. Vielen Dank!!!

Vorbericht: Road Trip - Heißer Trip nach Donezk
Vorbericht: Die Gefährten
Vorbericht: Das Gefährt
Vorbericht: Die Uniform
Tag 1 - Aufbruch gen Osten
Tag 2 - Ukraine wir kommen
Tag 3 - Die Vereinigung
Tag 4 - Heut verlassen wir Europa
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