Interrail Tour 2010, Tag 8-14

Athen, Belgrad, Zagreb, Sarajevo
Für Athen hatte ich 2 ½ Tage eingeplant, grundlegend von meinem Interesse am geschichtlichen Background sowie zum zwischenzeitlichen Beine hochlegen. Der Trip sollte sich wenigstens für ein paar Tage nach Urlaub anfühlen… ;-)

Während des geplanten Aufenthaltes in Griechenland bot sich leider nur eine Gelegenheit, den obligatorischen Länderpunkt zu machen. Blöderweise bei einem 2. Ligaspiel, hätte ich doch lieber einer der großen Mannschaften gesehen. Zitat eigen: „Länderpunkte, welche bei Spielen der nicht höchsten Klasse des Landes erworben wurden, werden mit Abzug eines bereits erworbenen benachbarten Länderpunktes bestraft“. Jenes Spiel fand direkt am Abend vom Anreistag statt, also ab ins Hotel, kurz frisch gemacht, ein kleines Nickerchen und auf in Richtung Stadion.

20.09.2010 Ethnikos Pireaus - PAS Giannina 1:3 (0:1) – Gipedo Ellinikou - 2500 Zusch.

Langweilig. Zwar viele Tore, jedoch unspektakulär erzielt sowie ohne erkennbaren Biss von beiden Mannschaften. Wenn man es nicht besser wüsste… die Mannschaften kannten bereits vor dem Anpfiff das Schlussergebnis. Gehaltsaufrischung?! Die beiden Fanblocks kaum erwähnenswert, 2 Bengalen und ein paar Schlachtrufe, aus die Maus. Das Stadion fungierte während der Olympiade 2004 als Baseball Ground, entsprechend auch die für ein Fußballstadium untypische Tribünenplatzierung. Eine einzige Zumutung ist die Anreise, wurden doch etliche olympische Wettkampfplätze (inkl. das Stadium) auf dem ehemaligen Flugplatzgelände am Stadtrand von Piräus gebaut. Sprich mit der Tram erstmal 1h von Athen nach Piräus treiben lassen, von der Haltstelle gefühlte 1/2h das Terminal umgehen, um dann in Richtung Landebahn gen Stadium zu tigern. Wäre ich vor 2004 Fan von Piräus gewesen, ich hätte mir anschließend einen neuen Verein gesucht. Ehrlich wenn auch peinlich, so in der Mitte der 2. Halbzeit bin ich komplett weggeratzt. Die Security weckte mich nach dem Spiel auf mit der Bitte, das Stadion doch nun auch endlich zu verlassen. Der Bitte kam ich dankend nach.



Die nächsten beiden Tage wurden komplett mit Sightseeing + Rumhängen + Baden vernichtet. Athen hat bekanntlich mehr als nur die Akropolis zu bieten. Jene allein genommen wäre jedoch schon Grund genug, um einen Abstecher in die Hauptstadt des Gyros zu unternehmen. Irgendwie nett, liegt die Akropolis doch mitten im Zentrum der Stadt, platziert hoch oben auf einem recht imposanten 156m hohen Felsgebilde. Der Aufstieg war nicht ohne, das Thermometer hatte bereits 11Uhr die 30°C überschritten, was nicht nur mir sichtlich zu schaffen machte. Würde gerne die Statistik sehen, wie viele Touris pro Jahr auf den Weg nach oben kollabieren.



Oben angekommen gab es glücklicherweise den belohnenden Wow Effekt für die auf sich genommenen Strapazen. Die Akropolis + weitere 2 Tempel sind zwar nur noch in Fragmenten erhalten, trotzdem sehr imposant. Der Panoramablick über komplett Athen + Piräus wurde als kleines Extra gerne angenommen. Gut vorzustellen, wie sich damals der kleine unartige Olivenbauer vor dem mächtigen Eingangsbereich fühlen musste, vor lauter Erfurcht Pipi in die Hose abließ. Entsprechend waren die Opfergaben für die Akropolis Combo ein wenig größer ausgefallen als gewohnt. Laut Aushang hatten nicht wenige gleich Ihre Töchter mitgebracht, um Sie auf den Hügel als Opferdienerin abzugeben. Zurück zur Gegenwart, die Griechen müssen auf die Briten ziemlich sauer sein, hatte doch Lord Elgin 1801 alle nennenswerten Reliquien + Fresken von den Tempeln abmontiert und mal eben nach London ins Britische Museum verschifft. Dort können jene heute noch besichtigt werden, die Griechen müssen sich in Ihren unterhalb von der Akropolis befindlichen Museum mit den Resten zufrieden geben. Trotzdem fetzige Sache, ist doch das Museum direkt über einer recht beeindruckenden Ausgrabungsstätte gebaut, welche man durch den Glasboden im/vor dem Museum betrachten kann.

Sonst gibt es über Athen nicht wirklich viel zu erzählen, mit dem Besuch vom Zeus Tempel, Keramicon, dem frühgeschichtlichen Museum, Hafen + Strand, lecker Essen sowie abchillen verging die Zeit unspektakulär schnell. Bzgl. Ranking gebe ich der Sache ein „Mehr als nett“, für die an Geschichte Interessierten ein klares „Must see“.

Am Mittwoch früh hieß es aufbrechen gen Pristina (Kosovo), wollte ich doch von dort spätestens Freitag in Belgrad sein. Grund bzgl. letzteren war simpel, Belgrad stand für mich als „Pflichtspiel“ fest. Sollte ich also keine Karte mehr für das Champions League Spiel gegen Arsenal London bekommen, könnte ich wenigstens Freitagabend das Ligaspiel Partizan Belgrad gegen Spartak Subotica sehen.

War bis eben noch alles schön relaxt in Athen, sollte nun der „down day“ von meinen Trip folgen. Frühmorgens am Bahnhof angekommen erfuhr ich, dass der Zug nach Skopje (Mazedonien) nicht fahren sollte. Ok, dann halt wenigstens der nächste Zug in die Richtung, sprich Zwischenziel Thessaloniki. Fuhr auch nicht! Gar nichts sollte an diesen Tag fahren, die Bahntypen waren in der Nacht in den Warnstreik getreten?! Ich solle mich doch ein wenig gedulden und vor dem Bahnhof warten, eventuell fährt dann heute doch noch ein Zug. Eventuell! Eventuell nehmen wir unsere finanziellen Hilfen an Euch zurück und verkaufen Griechenland scheibchenweise an Afrika!

Zum Glück hat die Welt die Busverbindung erfunden. „Nö, die sind gerade im Generalstreik seit letzter Woche.“ Letzte Chance, private Busunternehmen. Nach gefühlten 10 Agenturen gab ich auf, entweder steuerten diese ausschließlich Albanien an (kein Bock auf einen zweiten 17h Ritt) bzw. die für mich interessanten Ziele waren ausgebucht bis gefühlt 2045. Idee, Autovermietung. „Keinen internationalen Führerschein, sprich kein Auto. Und außerhalb von Griechenland sowieso nicht.“ Nerv, hieß es nun letztendlich 13h vor dem Bahnhof zu warten, bis der erste Zug nach Thessaloniki dann doch endlich abfuhr. Natürlich komplett überfüllt. Direkt nach der Ankunft (1:30Uhr) wurde jener Bahnhof ebenfalls geschlossen, hieß es nun weitere 4h vor dem Bahnhofsgebäude zu verbringen, bis ein Zug gen Norden das Land verlassen sollte. Wie im ersten Blog bereits kommuniziert, die Typen, welche nachts die Bahnhofsnähe bevölkern, braucht kein Mensch. Selbst das berühmte Geschäft in der dunklen Ecke war nahezu ein Kampf, streunten doch an allen möglichen WC-Ersatz Orten kontaktfreudige Straßenköter rum. Komplett übermüdet sowie leicht genervt saß ich endlich im Zug gen Skopje, welcher als eigentliches Endziel Belgrad ansteuerte. Verlockend! Aufgrund vom verlorenen Tag sowie den in Aussicht gestellten weiteren 8h Wartezeit in Skopje (auf den Zug gen Pristina) entschied ich mich, den Besuch vom Kosovo zu kicken. Schlafen sowie die Gewissheit, in Belgrad ein Spiel zu sehen waren schon verdammt starke Argumente.

Abends in Belgrad angekommen bekam ich an der Touri-Info einige Hotels vorgeschlagen, welche sich in der Nähe befänden bzw. Preis/Leistungsmäßig ok sein sollten. Die Bitte, dort anzurufen bzgl. freien Zimmer wurde mit einem Lächeln quittiert (wenn auch zugegebenermaßen ein verdammt süßes Lächeln), seien doch außerhalb der Saison fast alle Hotels frei. Ich mach die Geschichte kurz, jedes Hotel inkl. der Hostels waren natürlich komplett ausgebucht, da die "International Kickboxing Challenge" zeitgleich stattfand. In der kompletten Innenstadt verteilt sah man die Teilnehmer, angefangen von 10-jährigen Mädels bis zu den Schwergewichtsmonstern, alle in Trainingsanzug mit dem Schriftzug Ihres Landes aufgedruckt. Nett anzusehen, blöderweise belegte irgendeiner von der Combo mein Bett. Schlussendlich fand ich doch noch ein Zimmer, Hotel Praha, 3Sterne, 85€, ich glaub es hackt. Blöd, ich hatte keine Alternativen, nach der Hinfahraktion + Belgrad-Hotel-such-mich-Story brauchte ich dringend ein Zimmer. Der Körper schrie nach Schlaf.

Den nächsten Morgen das Gepäck zum Bahnhof geschafft und mit dem Sightseeing begonnen. Die Stadt ist ganz nett, viele neue Gebäude, wahrscheinlich nach der NATO Bombardierung auch dringend erforderlich. Das ehemalige Staatsministerium hat man aufgrund von … unverändert stehen lassen, sprich komplett zerlegt. Gut zu sehen, wo die Geschosse einschlugen und dabei mächtige Stahlbetonplatten mal eben „umlagerten“. Kontrastreicher Anblick, ist doch jener Gebäudekomplex von renovierten Prachtbauten (Banken, Ministerien usw.) umgeben.

Belgrad wartet mit einer großen Festungsanlage auf, direkt am Zufluss der Save zur Donau. Feines Gotteshaus Hl. Sava, immerhin größte christlich-orthodoxe Kathedrale Südeuropas. Die Gestaltung der Innenstadt fällt unter "gelungen", etliche Parks, die Cafes + Leute angenehm, generell ein leichter Anflug von alternativem Lifestyle. Ich will nicht so weit gehen, dass ein Belgrad Besuch eine Pflichtveranstaltung sei, einen angenehmen Eindruck hat es bei mir allemal hinterlassen. Grüße an Henne, Patrick und Combo – Serbien sowie Rumänien sind klar die Nummer 1 bzgl. Eurem zweiten Lebensgrund… ;-)

24.09.2010 Partizan Belgrad – Spartak Subotica 0:0 (0:0) – Partizan Stadium – 6290 Zusch.

Mit der Tram am Partizan Stadion angekommen, fragte ich im Fanshop nach Tickets für das Champions League Spiel, welches am darauffolgenden Dienstag stattfinden sollte. Nette Antwort, der Typ im Laden lachte mich aus. Bekam sich gar nicht mehr ein. Musste erstmal laut durch den Laden kund tun, dass hier so ein dämlicher Touri denkt, er würde noch eine Karte bekommen. Hätte Ihn am liebsten dafür eine rein gedrückt, wären da nicht seine geschätzten 120kg Brüder dabei gestanden. Ein Mädel, welche ebenfalls im Shop arbeitete, klärte mich auf, dass seit Wochen alle Karten verkauft wären sowie es derzeit noch zig tausend offene Anfragen für das Spiel gibt. Bzgl. meiner Frage nach dem Schwarzmarkt schüttelte Sie nur den Kopf, ein Haufen gefälschter Tickets sei im Umlauf, für richtige Tickets bewege sich der Preis derzeit um die 200€. Blöd, hatte ich mich doch schon auf das Spiel gefreut. Nach Wroclaw bereits die zweite Pleite, muss ich in Zukunft die Ticketbeschaffung vorab doch mehr fokussieren.

Positiver Aspekt, die vorausschauende Planung griff, sollte es nun doch das Abendspiel gegen Spartak Subotica werden. Karte gekauft (8€), war noch genug Zeit, über die Straße zur Konkurrenz zu gehen. Irgendwie Klasse, 2 sich abgrundtief hassende Vereine, die Stadien nur 300m Luftlinie auseinander. Dort angekommen rief mir ein offenes Tor zu, Bilder vom leeren Stadion zu machen. Ich bin definitiv kein Fan von Groundspotting, hier nahm ich die Einladung jedoch dankend an. Spielten sich doch in diesen Stadion bereits mehrere Schlachten ab, ein Blick auf YouTube füllt die vermeintliche Wissenslücke. An der Außenwand vom Stadion ein großes Abbild von dem Typen, welcher durch ein Messerstich von Partizan Supportern ums Leben kam, daneben eine Art „Messer Verboten“ Schild. Komisches Gefühl.





Zurück am Stadion von Partizan angekommen, war erstmal Staunen angesagt. Die Einsatzkräfte mussten alle von den gleichen Eltern abstammen, 2m groß sowie durchtrainierte 130kg schwer. Angezogen wie Crash Test Dummys machte jene Combo einen doch recht „einsatzbereiten“ Eindruck. Das Stadion geentert und gleich mal „wohl“ gefühlt, keine einzige Einsatzkraft auf den Rängen zu sehen, alle Typen der Security Combo ausschließlich im Stadioninneren. Ok, werde ich heute mal die Fahne von Bosnien-Herzegowina nicht aufhängen…

Das Stadion füllte sich mittelmäßig, die 6290 Zuschauer waren dafür schön dicht in 2 getrennten Blocks zusammengerückt, Kurve + Gegengerade. Trotz der sportlich netten Combo um mich rum, fühlte ich mich pudelwohl im Block. Selbst als mich zwei Typen während des Spiels ansprachen, ich im Überraschungsmoment bekannt gab, aus „good old germany“ zu kommen, war alles scheene. Fanden die Typen ok und gaben mir ein Bier ab. Den gewonnenen Eindruck bei der Hymne von Partizan werde ich so schnell nicht vergessen, melodisch + schwermütig, alle sangen mit. Großes Kino!

Mitte der ersten Halbzeit bekam ich einen kleinen Eindruck, warum in europäischen Wettbewerben Spiele mit Belgrader Beteiligung nicht immer ohne Schmerzen beendet werden. Die komplette Kurve hielt Kassenrollen hoch und man begann einen Countdown runter zu zählen. Alsbald flog der gefühlte Jahresbedarf der Aldikette in Richtung Spielfeld, gefolgt von Blendgranaten, Bengalen und viel Rauch. Nichts mehr vom Spielfeld zu sehen, das Spiel wurde erstaunlicherweise jedoch nicht unterbrochen. Als dann die Bengalen ebenfalls in Richtung Spielfeld flogen, fing der Teppich aus Kassenrollen Feuer, netter Anblick. Die Typen von der Feuerwehr ließ jenes völlig unbeeindruckt, erstmal a bissl abbrennen lassen, um dann ganz in Ruhe ein wenig aufzuräumen. Die Security Combo war noch schmerzfreier, viele verfolgten lieber das Spiel, als sich um die Aktivitäten im Block zu kümmern. Der Gästemob kam erst zur Halbzeitpause ins Stadion, klein aber fein. Die ~40 Typen machten schön Krach, wollten den Belgradern in nichts nachstehen, etliche Bengalen + Böller flogen in Richtung Stadioninneren. Einige hatten biegsame Fahnenstangen dabei (2-3m lang), schienen jedoch die Fahnen zu Hause vergessen zu haben. Mit jenen wedelten Sie schön in Richtung Heimmob. Fazit: Hat was, das Derby gegen Roter Stern Belgrad ist bereits dunkelrot in der TO DO Liste markiert.





Nach dem Spiel ging es per Tram in Richtung Bahnhof, um im Nachtzug gen Zagreb zu fahren. Den Schaffner 1000 Dinars in die Hand gedrückt (13€), hatte ich einen Freund mehr und das Schlafabteil für mich allein.

Hatte ich bis dahin aufgrund der verschiedensten Gründe ab und wann auch tagsüber reisen müssen, wollte ich in der letzten Woche ausnahmslos Nachtzüge zur Fortbewegung nutzen. Grund, die Geschwindigkeit der Zugverbindungen in dieser Gegend bewegen sich auf RB Niveau. Viel Zeit ging dadurch bereits verloren. Bedeutet jenes jedoch frühmorgens ankommen (meist zwischen 5-6Uhr), auf den unglaublich herzergreifenden, zur Gemütlichkeit einladenden Bahnhofsklos der Welt die Morgenhygiene tätigen, um nachfolgend den Tag in der jeweiligen Stadt zu beginnen. Eine weitere Änderung, ich wollte nur noch in Hostels schlafen, wie es sich halt für einen Möchtegern Backpacker gehört... Bekam ich doch von etlichen Rucksack Bekanntschaften recht interessante Geschichten über diese Art der Unterkunft zu hören… ;-)

Gesagt getan, morgens um 5:30Uhr war ich der Erste ernstzunehmende Gast im Zagreber Hbf-WC, welcher hoch motiviert seine Morgentoilette verrichtete. Ein Mitglied vom „Volk was keiner braucht“ schien recht beeindruckt, er fühlte sich bei derart Getue so ergriffen, meine auf dem Waschbecken liegende Zahnbürste blitzartig zu ergreifen und in sein 3 Zähne Maul zu schieben. Willkommen in der Welt der Bahnhofsklos! Alter Falter, was für ein Volk. Du kannst denen für solche Aktionen nicht mal eine rein drücken, zu groß die Gefahr, sich unheilbare Hautverätzungen einzufangen. Ok, Bürste war geschenkt, ich wollte Sie wirklich nicht wieder haben.

Viel Zeit noch, bis die Stadt erwacht, sprich die Cafes zum Frühstück aufmachten. Ging es erstmal mit Gepäck auf menschenleeren Straßen gen Innenstadt. Mit Gepäck, weil sich in den Raum mit Schließfächern Herr Roma und Frau Sinti einquartiert hatten. Dazu kam, dass mir bereits früh am Morgen die Ersten Ihre "unzertrennliche" Freundschaft anboten. Nicht missverstehen, aber so langsam gingen mir das staatenlose Volk gehörig auf den Keks. Zur Vermeidung von Klischeebildung hielt ich bis dahin alle erlebten Storys mit der speziellen Combo für mich, ab jetzt wird gepetzt.

Ab 10Uhr begann das, was ich überhaupt nicht gebrauchen konnte. Regen, Regen, Regen, Definition von Dauerregen komplett erfüllt. Eigentlich kein Problem, der Rucksack war inzwischen eingeschlossen sowie die speziell für den Trip gekaufte wasserdichte 3-Lagen Jacke mit Membranporen erfüllte Ihren Job mehr als gewünscht. Grundlegend der Funktionalität der Jacke so schön unbekümmert durch den Regen spazierend bekam ich eine kleine, aber nicht ganz unwichtige Begleiterscheinung blöderweise erst zu spät mit. Perlen die Wassertropfen von der Jacke analog einer Lotusblüte nach unten, sammelt sich jenes an den gröberen scheuerfesten Stoff im unteren Bundbereich. Sobald hier die Sättigungsphase erreicht ist, strömt das gesammelte Wasser in kleinen Rinnsälen nach unten. Nicht weiter schlimm … außer wenn der Jackenbund so eng eingestellt wurde, dass er mit der Hose direkten Kontakt hat. Fazit: Kopf + Oberkörper trocken wie ein Babyarsch, die Hosenbeine relativ feucht, war der Schrittbereich mehr als klitschnass, es sah aus wie eingepisst. Wie gut, dass ich nur eine einzige lange Hose dabei hatte…

Gezwungener Maßen den ganzen Tag in Cafes verbracht, Handtuch immer schön auf der Hose liegend und die Zeit genutzt, den Blog über Albanien fertig zu stellen. Tiefergreifendes Ranking bzgl. Zagreb fällt aus. Das Wenige, was ich zu sehen bekam, hinterließ einen guten Eindruck. So langsam machte ich mir jedoch Sorgen bzgl. des anstehenden Spiels, es regnete bereits seit mehreren Stunden ununterbrochen durch.

25.09.2010 Lokomotive Zagreb – NK Dynamo Zagreb -:- (verschoben) – Maksimir Stadium – 15 Zusch.

Dinge gibt es, da kocht das Ei nach außen…. Schon seit langen wollte ich Dynamo Zagreb live erleben, hat doch die Fanszene einen hervorragenden Ruf sowie sind die BBB (Bad Boys Blue) grundlegend Ihrer diversen „Spaßaktionen“ nicht unbekannt. Da passte das angesetzte Derby gut, sind doch solche stadtinternen Begegnungen immer eine Reise wert. Am Stadion angekommen, war ich mir bereits sicher, dass das Spiel wie befürchtet ausfallen wird. Kein Mensch zu sehen …. ausgenommen die Einlasser?! Die Jungs am Ticketschalter schienen obendrein tatsächlich gewillt zu sein, mir eine Karte zu verkaufen. Mit einem kleinen Aufschlag sogar für einen Platz mit Überdachung?! Überdachung im Maksimir Stadion? Hier gibt es keine einzige überdachte Tribüne! Verstehe, die Jungs waren gut drauf und spielten Touri-Verarsche. Sei’s drum, bin ja kein Spielverderber, mach ich halt das Opfer. Karte für 100 Kunen (ca. 13€) gekauft, stand man nach dem Einlass direkt vor einem Fahrstuhl. Ok, „Logaz Maksimir“ analog Kartenaufdruck gedrückt, kurze Fahrt nach oben, stand ich mitten drin im VIP Bereich. Nett, ist gekauft. An der Theke ein Bier geholt und raus in die überdachte (!) Loge mit Kinobestuhlung. Sehr verwundert schaute ich auf die Ränge. Da findet ein Stadtderby statt, einer der beiden Mannschaften gilt auch nicht wirklich als Lückenfüller und die Zuschauerränge leer wie ganz leer. Ich konnte 15 Zuschauer zählen, die ~20 Leute im VIP Bereich nicht eingerechnet. Dennoch, hier sollte heute tatsächlich ein Spiel stattfinden, liefen sich doch die Schiris bereits warm sowie waren viele Ordner + Staatsbevollmächtigte anwesend. Ebenfalls zu sehen, die Spieler machten sich hinter der Tribüne auf den Nebenplatz warm. Spontan fiel mir das Zitat von Mr. Sandburg ein: „Man stelle sich vor, es ist Krieg und keiner geht hin.“

Was nun folgte, fällt unter die Rubrik „komplett überflüssig“. Der Ober-Schiri holte sich die beiden Kapitäne vom Nebenplatz ins Stadion, betrat den Rasen und ließ im Blitzlichtgewitter der Journalisten den Spielball auf den Rasen fallen. Der dachte natürlich gar nicht daran, wenigstens einmal zu springen, sondern blieb im Stadionsee einfach liegen. Warum jene Darbietung noch ca. 10mal verteilt über das komplette Spielfeld betrieben wurde, wird mir ewig ein Rätsel bleiben. Spiel wurde nicht angepfiffen, laut Aussage eines der Typen im VIP Bereich wurde jenes auf den kommenden Tag verschoben. Dynamo Zagreb gewann 0:2, laut HP von Dynamo sahen 200 Zuschauer das Spiel.

Kurz gefasst, ich hatte keine Ahnung, welchen Film ich hier sah. Fanboykott, warum auch immer? Hat Lokomotive nicht mehr als die besagten 200 Fans? Viele Fragen. Fazit: Länderpunkt tschüß, irgendwie geiles Stadion trotz/weil des maroden Zustandes sowie der hingeschmissen wirkenden Tribünen. Werde ich noch mal wiederkommen müssen. Bei einem richtigen Spiel versteht sich!





Ein klein wenig enttäuscht ging es per Nachtzug weiter gen Sarajevo. Die Zugfahrt war angenehmer als erwartet, gab es doch nur Liegesessel im Nachtzug. Ein komplettes Abteil der 1.Klasse beschlagnahmt und schön durchgeratzt bis Sarajevo. Fast, die Grenzkontrollen gingen mir nun bei den nächtlich durchgeführten Fahrtaktivitäten so langsam auf die Ketten. Schon fetzig, wenn die Tür aufgerissen wird und die Beamten Dich komplett im Tiefschlaf erwischen. I like it!

Was macht man sonntags früh 6:45Uhr als erstes in Sarajevo? Na klar, sich beim Schwarzfahren in der Tram erwischen lassen. Sah blöd aus, hatte ich doch gegenüber meinen neuen Begleiter noch große Töne geschwungen, von wegen kommt eh keiner und wenn, einfach erzählen, dass das Interrail Ticket auch für die Tram gilt. Haben eh keinen Plan, also werden Sie es schon glauben. Der angestiftete Schwarzfahrer namens Carlos (Spanier) war ebenfalls mit dem Zug aus Zagreb angereist, so beschlossen wir, gemeinsam den Weg in die Innenstadt zu tätigen. Er hatte bei dem nachfolgenden „10 Worte englischer Sprachschatz“ Klärungsgespräch sichtlich die Hosen voll. Carlos bezahlte letztendlich meine 15€ mit, als die Kontroll-Combo drohte, die Polizei zu holen. Ich hätte gerne mit den 3 Typen noch weiter über die Gültigkeit des Interrail Tickets diskutiert, war ich doch an den morgen extrem gut aufgelegt…. Das Geld hat er natürlich wiederbekommen, Spanien ist ja schließlich fast so pleite wie Griechenland.

Sightseeing in Sarajevo, aufgrund der speziellen Historie der Stadt während des Balkankrieges eine sehr spezielle Geschichte. Angefangen mit den positiven Eindrücken. Traumhafte Lage, zieht sich die Innenstadt wie eine Kette am Flussbett entlang, so erstrecken sich die nachfolgenden Stadteile auf den angrenzenden Bergrücken bis zu einer Höhe von 900m. Die komplette Stadt ist umgeben von dem Panorama des Dinarischen Gebirges, immerhin mit Gipfelhöhen bis zu 2000m. Die Innenstadt wurde nach dem Krieg wieder in Ihren ursprünglichen Zustand aufgebaut, soweit wie möglich halt. Sarajevo beherbergt eines der schönsten, weil atmosphärisch gestalteten Einkaufscenter, welche ich bis dato gesehen habe, gelungene Geschichte. Die stark türkisch/osmanisch geprägte Altstadt hat ebenfalls einiges zu bieten, wenn auch die stark überzogen touristenorientierte Geschäftsausrichtung den eigentlichen Reiz der alten Gebäude stark mindert. 2 Kirchen mit interessantem geschichtlichem Hintergrund, dazu unzählige Moscheen. Hinzu kommt ein sehr junges Publikum, welches die Atmosphäre auf den Straßen der Innenstadt sehr angenehm macht.

Überleitung zum „speziellen“ Teil. Der Grund, warum ein ungewöhnlich junges Publikum Sarajevo bevölkert, ist unschwer an den unzähligen Friedhöfen zu erkennen. 11.000 Menschen kamen während der 4-jährigen Belagerung durch die Serbisch-Bosnisch-Armee ums Leben, 50.000 erhielten teils schwere Verletzungen. Viele von den Kriegsversehrten bevölkern die Altstadt und betteln um Geld, kein schöner Anblick. Hinzu kamen die Toten aus den ethnischen Säuberungen, ganze Dörfer wurden laut bosnischen Angaben ausgelöscht. Als wir von einem Hügel aus gute Sicht auf die Innenstadt + angrenzende Wohnviertel hatten, zählten wir alleine 8 Friedhöfe sowie unzählig einzeln verstreut liegende Grabsteine. Kleines Beispiel, der zwischen dem Olympiastadion sowie Innenstadt gelegene Friedhof hat eine geschätzte Gesamtfläche von 8-10 Fußballfeldern.



Dazu kommt, dass man in nahezu jedem Gebäude Einschusslöcher sieht. Bei einigen Gebäuden sind diese mit Mörtel zugespachtelt, bei anderen wurde einfach innerhalb des Hauses eine zweite Mauer hochgezogen. An vielen Gebäuden in der Innenstadt sind von außen Tafeln mit den Opfern angebracht, welche im jeweiligen Gebäude getötet wurden. In den äußeren gelegenen Wohngebieten sieht man komplett durchsiebte Häuserfronten, notdürftig reparierte Balkone, schlecht verspachtelte Granateinschläge. Sprich man wird permanent und überall an die Vorfälle der Belagerungszeit erinnert. Vorsicht bei Nachahmung, in den Wohnvierteln mag man verständlicher Weise keine Touris, die Fotos machen.



Beim Besuch vom „Tunnel of Life“ (ein angelegter Tunnel unterhalb vom Flughafen war über die gesamte Belagerungszeit die einzige Verbindung zwischen der Stadt und den bosnisch besetzten Restgebieten) zeigte man Videoaufnahmen aus jener Zeit, gedreht von den Leuten, die in der Stadt festsaßen. Uih, auf solche Szenen war ich nicht wirklich vorbereitet. Die begleitenden Ausführungen einer Augenzeugin in meinen Alter machte die Sache auch nicht besser. Kurz gefasst, die serbischen Scharfschützen in den umliegenden Bergen hatten die Stadt fest im Griff. Genug zu dieser Thematik. Ranking bzgl. Sightseeing lasse ich weg, jeder wird schon selber wissen, ob und wenn, warum er nach Sarajevo fährt.

26.09.2010 FK Sarajevo – FK Olimpic Sarajevo 3:1 (0:1) – Stadium Asim Ferhatovic Hase – 4500 Zusch.

Stadtderby in Sarajevo. Vorweg, geiles Ding! Lange nicht mehr ein so spannendes + intensiv geführtes Spiel gesehen. Der Block von FK Sarajevo bekommt ebenfalls ein Ausrufezeichen, 90min Dauersupport vom Feinsten, dazu jede Menge Rauch + Bengalen! Einziger Wehrmutstropfen, kein einziger Fan von FK Olimpic im Stadium. Warum auch immer.

Von vorne, bei der Hymne von FK Sarajevo wurde mir kurz ein wenig anders, als ausnahmslos alle Anwesenden im Stadion diese sehr ergriffen und leidenschaftlich mitsangen. Ein wenig wie in Belgrad, gepaart mit den Eindrücken vom Tag jedoch noch ergreifender. Das Stück ging über 5min, klang sehr wehmütig, erinnerte mich stark an die russischen Partisanenlieder, welche wir in der Schulzeit lernen mussten. Wurden die Strophen eher leise sowie schwermütig gesungen, wurde beim Refrain lautstärketechnisch Vollgas gegeben.

Danach stimmte der Block von FK Sarajevo eine weitere sehr melodisch klingende Gesangspassage an, welche Sie bis zur 13min. ununterbrochen von sich gaben. Selbst als FK Olimpic in der 4min. das 0:1 erzielte bzw. kurz danach fast auf 0:2 erhöht hätte, gab es keine Unterbrechung. Zum Gesang gab es kurz nach dem 0:1 viel Rauch + Bengalen, auf einem nahegelegenen Hügel (keine 40m entfernt), wurde hinzu ein Feuerwerk in Richtung Stadion abgeschossen. Das ganze Spektakel war mehr als eine gelungene Aktion!

FK Sarajevo spielte nach dem Rückstand zwar sehr bemüht, jedoch wollte es warum auch immer in der 1. Halbzeit nicht wirklich gelingen, den Ausgleich zu erzielen. Klasse Torhüterleistung sowie eine gut stehende Abwehr auf der Gegenseite + viel Pech waren ausschlaggebend. FK Olimpic war auch nicht wirklich nur auf Halten bedacht, spielte gekonnt nach vorne und erarbeitete sich so mehrere Gelegenheiten zu erhöhen. Ein sehr intensiv geführtes Derby von beiden Seiten, teilweise sehr rüde Fouls bzw. wurden unter den Spielern immer wieder kleine Nettigkeiten ausgetauscht. Die beiden Vereine schienen sich wirklich mehr als nicht zu mögen.

Die Tribüne, da ja ausschließlich FK Sarajevo Anhang, komplett am Verzweifeln, Pfiffe ohne Ende. Dagegen der Block in der Kurve nach wie vor gut am Feiern. Wäre vor der Kurve nicht das Banner von den FK Sarajevo Ultras gehangen (sah gut aus, ein große Fahne komplett über die ganze Kurve) man hätte meinen können, die Jungs sind von FK Olimpic. In der 2. Halbzeit ein komplett anderes Spiel, FK Sarajevo drehte auf und erzielte innerhalb von 5min. 2 Tore. FK Olimpic hielt nach wie vor gut mit, doch nun war das Pech auf Ihrer Seite. 2x Pfosten sowie ein starker Torhüter verhinderten weitere Tore für Sie.

Die Vorgeschichte + Entstehung vom 3:1 wird in Bosnien-Herzegowina definitiv das Tor des Jahres. Freistoß kurz nach dem Mittelkreis. Übliche Aufstellung im Strafraum in Erwartung einer Flanke. Der eigentliche Spieler, welcher den Freistoß in den Strafraum bringen will, läuft gerade an, stellt sich Mr.10 vom eigenen Team in den Weg. Fette Diskussion zwischen den Beiden, letztendlich Mannschaftsinterne Rudelbildung. Mr.10 ist definitiv auf Koks, „Last Boy Scout“ lässt grüßen, stößt zwei eigene Spieler weg, legt sich den Ball zurecht und deutet den verbleibenden Kollegen im Strafraum an, dass Sie zur Seite gehen sollen. Das ganze Stadion komplett in Wallung, Pfiffe + Nettigkeiten gegen seinen Stammbaum bis runter zur 5. Generation. Mr.10 bleibt cool, auf Koks ist halt alles a bissl rosa, läuft an und versenkt das Ding unhaltbar ins obere rechte Eck! Komplett schmerzfrei aus min. 40m! Danach rennt er umgehend in Richtung Haupttribüne und legt sich den Zeigefinger auf den Mund. Ein Mix aus gellendem Pfeifkonzert sowie komplettes freudiges Durchdrehen ist die Antwort. Keine Ahnung, ob jener Spieler einen „bestimmten“ Stellenwert bei den Fans hat, nettes Ding allemal.

Selbst noch in der Nachspielzeit wurde gekämpft und gearbeitet, als würde das letzte erzielte Tor die Meisterschaft entscheiden. Klasse Einstellung von beiden Teams.





Nach dem Spiel ging es in Richtung Hostel, dort mit ein paar Typen aus Norwegen Ihre letzten Schnapsreserven vernichtet und ab in die Koje.

Fazit: Wäre nice gewesen, Flutlichtspiele in Belgrad/ Zagreb/ Sarajevo an einem WE …

Am nächsten Morgen ging es sehr früh gen Bahnhof, natürlich mit der Tram. Lustig, wie gewohnt stürmte Carlos direkt zum Fahrer, um für uns Beide die Tickets zu erwerben. Diesmal vergas er jedoch zu stempeln, wie durchgeknallt sprang er nach 2 Stationen auf und stürmte in der nicht unvollen Tram in Richtung Automat. Hatte die gestrige Aktion in Ihn doch ein Trauma ausgelöst …

Weiter ging es gen …
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