Interrail Tour 2010, Tag 6-8

Italien, Albanien
Spanien war nur ein kleiner Abstecher, die Reise sollte nun wieder in die ursprüngliche Zielregion gehen, Richtung Südost Europa. Geplant war der Besuch vom UEFA Europa League Spiel SSC Neapel gegen FC Utrecht. Madrid > Neapel, in max. 18h? Einmal fliegen darf als Interrailer erlaubt sein …

Am Flughafen angekommen erhielt ich die Info, dass die Ryanair Maschine nach Rom 1h Verspätung hatte. Nicht schön, aber soviel Verspätung war noch ok für den bis dahin noch stressfrei gestalteten Zeitplan. Kaum im Flieger gesessen, machte die Crew auch schon Hektik, schnell hinsetzen bedeute schnell loskommen. Blöderweise interessierte dass die Wenigsten, es dauerte 30min, bis der voll besetze Flieger auch wirklich „besetzt“ war.

Der El Capitano war nun ebenfalls angepisst, er informierte uns, dass man nun doch erst in 40min die Turbinen starten dürfte, aufgrund der derzeitigen Fluglage!? Wer möchte, kann nun auf das WC gehen… Noch fühlte ich mich in etwa relaxt, zum 1.hi-jacking fehlte aber nicht mehr viel!

Ich sag mal Vibrations oder zuviel Kiff, nur 2min. später die Info, es ginge nun doch gleich los, alle hätten umgehend Ihre Plätze einzunehmen. Ganz großes Kino, war doch bereits das WC mit einer Frau besetzt, welche trotz klopfen + Ermahnung nicht so einfach Ihre Sitzung unterbrechen wollte/konnte. Irgendwann kam Sie dann doch raus, um Ihre sorgsam vorbereiteten und laut + temperamentvoll dargebotenen Nettigkeiten gegenüber Gott und die Welt los zu werden. Filmreife Szene!

Angekommen in Roma-Ciampino ging es per Bus zum Hbf Roma Termini, von hier mit dem Schnellzug direkt nach Neapel. Ankunftszeit 18Uhr, noch 3h bis Anstoß. Also schnell ins Hotel einchecken (wurde „cleverer“ Weise in direkter Nähe zum Bahnhof gebucht) und dann weiter in Richtung Stadion … wäre schön gewesen! Kaum den Zug verlassen, wurde mir klar, dass nun meine Reise um einiges spannender werden sollte.

Es begann mit 3 bettelnden Romas, welche nicht von mir ablassen wollten. Der eine war so nett, dass er beim Tragen helfen wollte, was sonst suchten seine beiden Hände am Rucksack… Hallo! Eine kurze laute Ansage brachte die Carabinieres ins Spiel, die Romas suchten eiligst das Weite. Kurzer Gedanke, kommt die Begrifflichkeit Romas eigentlich von Roma (italienische Bezeichnung von Rom)?

Den Bahnhofsvorplatz kaum betreten hatte ich die starke Vermutung, ungefähr 1000km zu weit gen Süden gefahren zu sein. Der nicht wirklich kleine Bahnhofsplatz inkl. aller Nebenstrassen glich einem kontinentalen Basar in Mogadishu, ein buntes Völkertreffen aus Afrika, welches sich hier eingefunden hatte. Spätestens seit dem Kultfilm „True Romance“ (Drehbuch von Quentin Tarantino) wissen wir ja, dass alle Süditaliener afrikanische Wurzel haben, aber dass hier war mehr, das war ganz klar afrikanisches Hoheitsgebiet. Blöde Rassisten bei HRS.de, hatte doch ein Gast das Hotel mit folgenden Zitat bewertet: „dass Hotel befände sich in keiner koscher Ecke, speziell Nachts ist das begehen dieses Gebietes nicht zu empfehlen“… ;-)

Im Hotel endlich angekommen, übertraf sich der Typ an der Rezeption förmlich mit Freundlichkeit und netten Tipps, auf was man alles in Neapel achten sollte. Einfache Übersetzung, im Zimmer bleiben bis zur Abreise, 3x abschließen nicht zu vergessen. Sehr geschäftsfördernd. Den Weg zum Zimmer ließ ich mir 2x erklären, links, rechts, große Treppe hoch, kleine schmale Treppe runter … ich hätte mich fast verlaufen. Einige Zimmer waren offen, dem Anschein nach mussten die ausnahmslos afrikanischen Bewohner hier bereits seit Wochen hausen. Kurz frisch gemacht, die Wertsachen soweit wie möglich im Zimmer versteckt und ab in Richtung Metro, lag doch das Stadion 8km weit entfernt. Ok, dass Ding heißt zwar Metro, ist aber mehr eine Regionalbahn, welche auf allen 5 Stationen länger als 3min. auf irgendetwas wartete. In Summe aller Zeitverzögerungen an diesem Tag waren es nur noch 45min bis zum Anpfiff – und ich hatte noch keine Karte.

16.09.2010 SSC Neapel – FC Utrecht 0:0 (0:0) – Stadion San Paolo - ~27000 Zusch.

Einmal um dass halbe Stadion rumgelaufen, weit und breit kein Ticketschalter zu sehen. Schwarzmarkt ging nicht, da in Italien die Karten nur personengebunden verkauft werden dürfen, sprich Zutritt nur mit Ausweis + passender Karte. Nach einigen Anläufen erfuhr ich von einem Carabinieri, dass bereits alle Läden geschlossen hätten, welche die Tickets verkaufen dürften. Nicht gut, keine Lust, nach Wroclaw die 2. Pleite zu erleben. Also rein in eine der vielen angrenzenden Kaffee/Bar/Fast Food Läden mit der Nachfrage nach dem begehrten Biljeta. Die Lady hinter der Theke verstand wohl, was ich wollte, Sie rief irgendetwas auf italienisch quer durch den vollen Laden. Ein kurzes Gefühl von „blöde Situation“ stellte sich in mir ein, war doch der Laden komplett gefüllt mit Neapel Support. Ich sehe ja nicht wirklich wie ein Italiener aus, dann eher schon wie ein Holländer, der sich verlaufen hatte.

Ein Typ, welcher direkt vor dem Laden stand machte mir klar, dass er mir noch eine Karte besorgen könnte, für 35€. Er müsste nur kurz mit seinem Motorrad zu einen anderen Laden fahren, ich sollte Ihm schon mal das Geld + meinen Ausweis mitgeben. Alles klar, darf es noch meine Kreditkarte + Pin sein?! Nervig nur, so wirkliche Alternativen hatte ich keine und die Zeitspanne zum Anstoß wurde auch nicht größer. Risikoanalyse, was hatte ich bei mir bzw. konnte ich jenes im Fall von „entbehren“. Kamera, teuer, aber ersetzlich. Knapp 100€ + Personalausweis. Ok, den Typ klar gemacht, dass ich Interesse habe, jedoch mitfahren will. „No problema“ schallte es für mich einigermaßen überraschend zurück und ab ging es im wahnwitzigen Tempo durch Neapel, ohne jeglichen Schmerzen bzgl. der anderen Verkehrsteilnehmer. Wahrscheinlich aus Solidarität klemmte er seinen Helm unter dem Arm anstatt Ihn aufzusetzen, ein sicheres Gefühl gab mir jenes aber auch nicht wirklich. Krankes Volk, was das Verkehrsverhalten betrifft.

Wir hielten vor einer Kneipe, er bat mich, am Motorrad zu bleiben, mit Hinweis auf den steckenden Zündschlüssel als Vertrauensbeweis. Mensch Meister, ich wusste doch, das Du mich übers Ohr haust, nur wie war mir nun völlig unklar. Er quatschte mit einem Typen am Eingang, welcher mir auf Anhieb mehr als unsympathisch war, dass Aussehen eines 2.Klasse Türsteher + abfälliges Mustern meiner Person. Mein Fahrer redete mehrfach auf den Typen ein, scheinbar mit Erfolg. Nach einem fetten Grinsen von dem Typ in meine Richtung gingen beide zusammen in die Kneipe. Kurze Zeit später hatte ich meinen Perso zurück, inkl. einer original aussehenden Karte, ausgestellt auf meinem Namen. Der Haken, als „Gefälligkeit“ hatte mein Helfer lediglich die Differenz von 15€ kassiert, die Karte kostete nämlich nur 20€. Wie gut, dass er nicht wusste, dass ich dann doch noch den einen oder anderen Euro drauf gezahlt hätte, nur um eine Karte zu bekommen… ;-)

Zurück am Stadion ließ er mich direkt vor dem passenden Gate raus. Shit, blödes Grinsen verstanden, dem Aussehen der Typen nach vor dem Gate hatte ich eine Karte für einer der beiden Ultra-Kurven bekommen. War ja schließlich nicht zum Spaß hier, also rein in die Schüssel. Wie befürchtet die komplette Kurve gerammelt voll, zu den anderen Blöcken abgeriegelt wie ein Gästeblock. Unter den „Jungs“ waren unzählige Algerier/Tunesier, machte es für mich als blasser Europäer nicht wirklich besser. Meine Platzwahl verstand sich von selber, weit außen + weit oben. Hier war es einigermaßen erträglich, konnte man hier wenigstens ohne ständigen Körperkontakt das Spiel halbwegs verfolgen. Problem, wie aus Italien bekannt drehen die Tiffosi beim Fußball komplett durch, sprich selbst der Opa mit Krücken fühlte sich den Mob verbunden und war aktives Mitglied bei den Aktionen der Kurve. Netter Eindruck, wenn der komplette Block geschlossen auftritt. Hieß für mich jedoch, mitmachen war Pflicht. Nicht ganz einfach; die Lippen zu bewegen war noch ok, den teilweise absurden Klatschrhythmen zu folgen, eine Qual. Um ehrlich zu sein, ein wenig irritiert war ich während des Spiels dann schon ab und wann, vor allem, wenn ein Blick mich einer der „Jungs“ streifte und dann doch länger auf mich gerichtet wurde, als es mir notwendig vorkam. Irgendwann schien aber mein näheres Spaghetti verschlingendes Umfeld begriffen zu haben, dass ich kein Italiener bin, halt dann doch eher der sich verlaufende Holländer, welcher jedoch mit Herz und Flamme für den SCC Neapel war. Selbstredend gab ich mir besonderst Mühe, schön italienisch zu wirken, sprich übertrieben laut + theatralisch. Versteht sich von selber, dass nach dem Spiel die Anwandlung von gezwungener Sympathie wieder zeitnah beendet wurde… ;-)





Die Gott gleich gestellte Legende, Diego Maradona, hatte es sich nicht nehmen lassen, per Brief an die Fans zu wenden. Jener wurde vor dem Spiel vorgelesen und bejubelt, als hätte man gerade das Haushaltsdefizit in Italien gelöst. Am darauffolgenden Tag sah ich in der City mehrere Altare mit Maria bzw. Jesus Abbildungen, inkl. seines Bildnisses. Das Spiel selber war eher mittelmäßig, die Stimmung in der Curva B sowohl Curva A (nett lauter Wechselgesang zwischen den Blöcken) war dann doch um einiges spannender als was die beiden Mannschaften auf dem Feld anboten. Schöne Gesänge, viel Rauch + Bengalen, so hatte ich mir italienische Fankultur vorgestellt. Zum Schluss noch einmal Hektik, als beide Mannschaften 2x kläglich den Siegtreffer verweigerten. Über den Gästeblock lohnt das Schreiben nicht, in etwa 100 Supporter waren anwesend, 5 Flaggen, sonst gar nichts.



Nach dem Spiel gefiel der Gedanke, per Taxi ins Hotel zu fahren. Grund: mir fielen auf Anhieb unzählig wirklich schönere Dinge ein, als mit den Typen, welche so in Richtung Bahnhof liefen, im überfüllten Abteil Kontakte zu knüpfen. Hartes Gemüse, keine schlechte Combo! Im Nachhinein betrachtet bin ich mir nicht so sicher, ob die Zugfahrt nicht angenehmer gewesen wäre. Der Taxifahrer schien extrem gut aufgelegt, trotz dass auf den Strassen verkehrstechnisch viel los war. Über rote Ampeln zu knallen, ohne auch nur den Anschein von „bremsbereit“ zu erwecken, war noch seine leichteste Übung. Die Einbahnstrassen bei geringem Gegenverkehr in der verkehrten Richtung zu nehmen, war da schon spannender, seine beste Nummer sollte aber noch folgen. In einer Einbahnstrasse mit gefühlten 3 Fahrspuren kamen uns 5 nebeneinander fahrende Autos nicht wirklich langsam entgegen. Fing der Typ doch wirklich an, auf Italienisch zu fluchen sowie dabei zu beschleunigen. Wir haben das „Schisshasen Spiel“ gewonnen, nur weil kurz vor dem Crash ein Autofahrer mit einer Vollbremsung rüberzog. Alter Falter, was für ein Adrenalinausstoß! Versteht sich von selber, wer von den Beteiligten die Einbahnstrasse in der richtigen Richtung befuhr. Wir nicht. Zu vollster Überraschung vergas er dann auch noch, mir einen kräftigen Touri-Aufschlag zu verpassen, 13€ für 8km Nachtfahrt, gekauft.

Der nächste Tag wurde mit Sightseeing begonnen, bevor es dann in Richtung Bari gehen sollte. Man sagt, dass die wenigsten Italiener Neapel mögen, ausgenommen natürlich die Neapolitaner selber. Der Grund hierfür ist offensichtlich, Neapel ist eine unglaublich chaotische Stadt, stinkend, schmutzig sowie laut. Der Müll wird tagsüber an bestimmten Stellen einfach hingeschmissen, Mülltonnen bzw. Mülltrennung ein Fremdwort (Grüße + Gedanken an Kerstin - lol). Bei 30°C ein perfekter Ort, um chemische Zersetzungsvorgänge zu erforschen… Dazu kommt, dass speziell die Innenstadt komplett verbaut ist, viele Häuser sind mehr als renovierungsbedürftig, extrem schmale + dunkle Gassen, größere Plätze oder Parkanlagen komplett Fehlanzeige. Trotz alledem oder vielleicht auch gerade aus den besagten Gründen ist Neapel irgendwie spannend. Nimmt man den Vesuv + Pompeji + Capri hinzu (jenes bereits vor einigen Jahren besucht) bekommt die Region von mir ein klares „Must see“. Nur die Gegend um den Bahnhof herum würde ich beim nächsten Mal außen vorlassen…

Gegen 15Uhr ging es dann per Bummelzug nach Beneveto, weiter mit dem Schnellzug nach Bari. Dort angekommen war es Zeit, sich auf den direkten Weg zum Hafen zu machen. Die Fähre nach Durres (Albanien) sollte nach Plan in 3h ablegen. Vor der Fähre sammelten sich bereits die schweren Autos, Mercedes + BMW, viele in der AMG oder M Ausstattung. Ausnahmslos alle PKW’s mit deutschen bzw. albanischen Kennzeichen, interessant … . Passt zu Albanien, immerhin eines der ärmsten Länder von Europa mit einem durchschnittlichen Monatsgehalt von 285€.

Die einfache Deckspassage kostete 39€, ein Bett in der 4 Mann Kabine 87€. Kurz überlegt, 7h kommst Du auch ohne Bett aus, also nur die einfache Deckspassage gebucht. Schiff über die Laderampe für die Fahrzeuge geentert, musste ich kurz zusammen mit 2 mazedonischen Truckern warten, bis ein weiterer LKW eingeparkt hatte. Man kam situationsbedingt ins Gespräch und betrieb belanglosen Small Talk. Wir 3 sollten noch ein wenig länger das Vergnügen haben…

Borjan und Slozvan (keine Ahnung ob die Namen richtig geschrieben sind), waren gerade auf dem Weg von Spanien/England zurück zum Kosovo, um von dort Ersatzteile von Ford nach Westeuropa zu fahren. Wir trafen uns auf dem Hauptdeck wieder und waren gleich im Beat. Borjan fuhr vor einiger Zeit 3 Jahre kreuz und quer durch Deutschland, entsprechend sprach er ein paar Trucker-Sätze deutsch. Welche er natürlich immer wieder in unsere englische Konservation einbrachte, der Typ war wirklich witzig!

Als Sie erfuhren, dass ich keine Kabine gebucht hatte, glaubten es die Beiden erst, als ich Ihnen mein Ticket zeigte. Ich musste den Eindruck erweckt haben, komplett gestört zu sein, ein Deutscher mit Rucksack ohne Kabine in Richtung Albanien… Man „zwang“ mich darauf hin mit eindeutiger Körpersprache Ihre Dusche zu benutzen, Hand vom Schritt zur Nase, inkl. dem Trucker Zitat: „Riechen immer gut, wichtig.“ Kurz bekam ich Zweifel, auf was ich mich hier einlassen würde, Ihre folgende Klarstellung beruhigte mich dann aber schnell, dass Sie Schwule überhaupt nicht ab konnten. Ok, Dusche passte, das saubere + ungestörte WC nahm ich noch dankend dazu. Die beiden hatten auch sichtlich keine Schmerzen mit mir, ließen Sie mich doch allein in Ihrer Kabine, wo auf dem Bett Spritgeld für min. die nächsten 2 Fahrten lag.



Anschließend zeigten sich die Beiden recht spendabel, Abendessen, Frühstück, Bargetränke ging alles auf Ihre Rechnung. Nicht falsch verstehen, ich machte den Typen schon klar, dass dies nicht notwendig sei, keine Chance, ich wurde in den Stand eines „Kollegas“ berufen. In der Zwischenzeit hatten Sie einen weiteren mazedonischen Teddybär 04 getroffen. Der bot mir auf Nachfrage von den Beiden an, im freien Bett seiner 2-Kabine zu schlafen, da jene leer geblieben war. Ich war mit den Typen im Beat, ohne Zögern nahm ich dankend an.

Nach einer kurzweiligen Nacht ohne Störungen (!) lief die Fähre Durres an. Die „Kollegas“ hatten mir angeboten, mit Ihren Truck bis nach Tirana mitzufahren. Lass ich mich doch nicht 2x bitten. Fetzige Sache, Ausfahren von der Fähre, dass Schieben und Drängeln der 30-40 LKW’s mit 30T im Rücken in Richtung einziger Ausfahrt (Passkontrolle) + albanische Zollabfertigung zu erleben. 3h waren hierfür in Summe fällig, inkl. eines widerlichen Frühstückes in einer der ansässigen Trucker Imbissstände. Ich bin mir nicht sicher, ob Geld geflossen ist, jedenfalls durften wir als eine der ersten das Hafengelände verlassen. Borjan erzähle, dass es auch schon mal 24h dauern kann …

Kaum auf der Autobahn bekam ich Krampfzustände im linken Fuß, so oft bremste ich imaginär mit. Beschleunigungsstreifen oder klar markierte Autobahnzubringer gibt es nicht, Eselfuhrwerke + Fußgänger auf der Piste trugen Ihr übriges dazu. Auch geil, es gibt keine Bushaltestellen, die Leute stehen einfach an/auf der Piste, wenn ein Bus oder Fugues (Kleinbuss) mit dem richtigen Schild bzgl. Zielort vorbeikommt, geht der Arm raus. Dann erfolgt meist ein irres Bremsmanöver, der Fugues hält, der Kunde rennt hinterher und steigt ein. Als Summe entsteht ein Gemähre und Hektik auf der Piste, alter Falter! Neben der Autobahn jede Menge nicht fertig gestellter Häuser, teils bereits bewohnt, teils nur das Skelett vom Bau zu sehen. Dazu unendlich viele „Car Service Station“, Plätze voll mit zerlegten Autos zur Ersatzteilgewinnung. Wo die wohl alle her kommen?!?!? Kurz vor Tirana ließen mich die „Kollegas“ raus, da Sie vor Tirana in Richtung Norden abbiegen mussten. Stand ich dann mal per Anhalter an der albanischen Autobahn, auch net schlecht. Ihr Tipp, bei einem vorbeifahrenden Fugues den Arm rausstrecken, funktionierte sofort. Schön dicht gedrängt saß ich inmitten einer albanischen Großfamilie gen Innenstadt. Für 1€ fuhr mich mein Fahrer direkt bis vor das Hotel, dankend angenommen, waren es doch schon wieder Temperaturen um die 30°C draußen.



Albanien: 1967 erfolge ein komplettes Religionsverbot, alle Moscheen und Kirchen wurden platt gemacht. In den Jahren bis 1982 scheiterte das Land kläglich, das sowjetische bzw. chinesische Staatssystem zu kopieren. Hungersnöte mit zig Toten sowie ein paar kleinere Staatsbankrotte waren das Ergebnis. Dank seiner glorreichen Außenpolitik schaffte es man dann doch tatsächlich, seit 1982 keinen einzigen Bündnispartner mehr zu haben. Zum Vergleich, Nordkorea mit seiner verkorksten Politik hat selbst heute noch die Russen und China. Man versuchte nun mit dieser selbstisolierten Situation positiv umzugehen, eine eigene Form von Totalkommunismus wurde entwickelt. Als einer der ersten genialen Einfälle vom Diktator Hoxha wurden ca. 60.000 1-Mann Bunker im kompletten Land errichtet. Befürchtete er doch einen Überfall von den sowjetischen Bündnispartnern sowohl wie von der Nato. Jene Bunker sieht man noch heute überall in und um Tirana verteilt. Dazu hörte man vorab, dass auf den Strassen zwischen den Eselskarren und Fußgängern fast nur Autos von Mercedes Benz zu sehen sind, und dass obwohl die Wirtschaft, die Infrastruktur inkl. der eigentlichen Strassen komplett im Argen liegt. Bzgl. Umweltverschmutzung belegt Albanien den ruhmreichen Platz 1 in Europa. Auch spannend, bis 1990 war der private Besitz von Kfz jeglicher Art verboten. Dazu soll alles ein wenig wie vor 1970 sein, Polizeistaat, einige Ecken seien für Nichtalbaner nicht zum verweilen empfohlen. Und zu guter Letzt, alles Gauner, nur am Klauen und Touris ausnehmen.

Um es kurz zu machen und so klischeehaft jenes klingen mag, alles entspricht der Wahrheit, dass Letztere mal außen vorgelassen. Die meisten Albaner waren mir gegenüber sehr freundlich und hilfsbereit, jeder war halt irgendwie auf das „kleine“ Geschäft aus. Ok, eine gesunde Aufmerksamkeit auf seine Wertsachen + Gesundheit war trotzdem angebracht, einige Straßen habe ich aufgrund von "Ungereimtheiten" gemieden. Um es vorweg zu nehmen, das trifft aber auf Gesamt Südost-Europa zu.

18.09.2010 FC Dynamo Tirana – Shkumbini Peqin 1:0 (0:0) – Stadium Kombëtar Qemal Stafa – 3000 Zusch.

Das Hotel war gleich in der Nähe vom Stadion gebucht, ist es doch in Tirana als Foreigner einigermaßen schwierig, das öffentliche Transportsystem zu verstehen, schlussfolgernd zu nutzen. Es gibt kaum erkenntliche Haltestellen, keine Fahrpläne, generell waren die meisten Busse komplett überfüllt. Nett zu wissen, dass Adressensystem wird dato erst eingeführt. Zum warm werden erstmal eine kleine Runde um das Stadion gedreht, wurde mir sofort klar, dass das Fotografieren nicht einfach werden sollte. Überall machte man mir auf unterschiedlichste Art und Weise klar, dass ich keine Fotos machen dürfte. Ok, neuer Plan musste her, würde ich halt am nächsten Tag hierfür sehr früh aufstehen müssen, wenn die Strassen noch einigermaßen leer sind. Bzgl. Polizeistaat, selten so viele Uniformierte gesehen wie hier. Ohne übertreiben zu wollen, ich hatte nie das Gefühl, dass gerade kein Polizist in meinem Sichtfeld war. Jene scheinen auch gut Respekt zu genießen, als eine Gruppe von Supportern einen Schlachtruf auf der Strasse anstimmte, reichte ein Pfiff aus der Trillerpfeife vom Herrn Staatsbedienstenten, und schon war Ruhe. Angenehm, direkt vor dem Stadion wurde ein Einkaufsmarkt erspäht inkl. Cafe auf dem Dach, perfekt geschaffen für lecker Sandwich + Stadion Bilder …



Karte für das Stadion gekauft (500 Lek's = 4€), betrat ich den Ground. Die verwunderten Blicke irritierten mich nicht sonderlich, scheint halt noch was besonderers zu sein, wenn sich ein Bleichgesicht hier in das Stadion verirrt. Den Ground selber hätte ich mir schlimmer vorgestellt, die hochgezogene Gegengerade würde bei voller Besetzung bestimmt einen guten Eindruck machen. Wie sollte es anders sein, waren unzählige Polizisten im Stadion, welche während des Spiels noch Ihren Auftritt haben sollten. Ich hatte mich auf die Haupttribüne ein wenig nach außen platziert, blöderweise stellte sich jener als der gemischte Block raus, besetzt mit Supportern von beiden Mannschaften, welche das Spiel im Schatten der Dachtribüne sehen wollten. Wenn sich Albaner über das Wetter unterhalten, dann sieht/hört sich das für den Mitteleuropäer an, als wenn Sie gleich mit dem Messer aufeinander los gehen. Entsprechend könnt ihr Euch vorstellen, was los war, als ein rüdes Foul auf dem Spielfeld begangen wurde. Alle sprangen auf und „diskutierten“ mit Ihren Nachbarn, da gemischter Block teilweise nicht immer einer Meinung. Es fehlte nicht viel und ich hätte mich umgesetzt, alter Falter! Fingen doch 4 Typen vor mir an, sich mit den Typen hinter mir in die Wolle zu kriegen, über meinen Kopf hinweg. Sie machten auch nicht wirklich den Anschein, als dass Sie Ihre Konversation + begonnenen Handgreiflichkeiten zeitnah beenden wollten. Ok, meine Rolle war dann halt imaginäre Grenzlinie, welche immer noch sitzend den Treiben über meinen Kopf zusah. Als dann auch noch die nicht wirklich deeskalierend wirkende Polizei hinzukam, hatte ich für einen Moment ein doch recht flaues Gefühl in der Magengegend. Ein paar Ansagen von der Staatsgewalt und die Situation beruhigte sich wieder, ich war nicht wirklich traurig darüber. Generell war das Spiel hässlich, viele grobschlächtige Fouls, die Spielanlage auf einem ganz tiefen Niveau. Als das Siegtor für Tirana fiel, drehten dann mal wieder alle durch, da aus höchst abseitsverdächtiger Position erzielt. Die Stimmung in den beiden eigentlichen Fanlagern auf der Gegengeraden war grottig, außer ein paar Schlachtrufen kam gar nichts. Tirana Ultras hatten dafür aber schön aufgeflaggt, vor allem die große Dynamo Fahne wusste zu gefallen. Was gar nicht ging, 4-5 jährige Kinder, welche komplett zerlumpft im Stadion Sonnenblumenkerne verkauften. Nach dem Spiel erstmal zurück ins Hotel, Körperhygiene + Schlafen. Am späten Abend bin ich noch ein wenig durch die Straßen getingelt, soweit es halt mein Selbsterhaltungstrieb ermöglichte. Ich bin mir sicher, dass überhaupt nichts passiert wäre, es gibt aber so Gegebenheiten, die man in bestimmten Momenten nicht braucht. Ohne weiteren Kommentar...







Am nächsten Morgen ging es bereits 7Uhr zum Sightseeing, wollte ich doch endlich ein paar Fotos machen. Die Straßen waren menschenleer, wäre fast perfekt, wenn da nicht die unzähligen Straßenköter gewesen wären. Ich habe es eh nicht mit Hunden, vor allem nicht mit auf mich zulaufenden kläffenden Viechern, welche einen Schatten wie ein Pferd werfen. Ok, in der rechten Hand die Kamera, in der linken Hand ein Stein, gelang es mir, mich einigermaßen vernünftig durch die Straßen zu bewegen.

Tirana hat genau eine ansehnliche Straße, welche sich wie ein Faden vom Süden (Uni) zum Norden (Hauptbahnhof) zieht, in der Mitte kreuzt jene den Hauptplatz. Dieser Boulevard wurde schön hergerichtet, alle anliegenden Gebäude so halbwegs ansehnlich renoviert. Der Hauptplatz zeigte sich mir als eine einzige Baustelle, der Beschilderung nach wird dieses Bauvorhaben durch die EU finanziert. Randnotiz, die Autobahn von Durres (größter Hafen) nach Tirana wurde ebenfalls von der EU finanziert, der Bau von 1km Piste kostete hierbei mehr als in Deutschland. Verlässt man diesen Boulevard, zeigt sich ein komplett anderes Bild. Dreckig, verfallen, Wohngettos, keine Struktur. Der derzeitige Bürgermeister Edi Rama (war unter anderen Boxer und Maler, letzteres verließ Ihn anzuordnen, alle Häuser bunt zu verzieren. Macht es auch nicht ansehnlicher. Einige Ecken waren komplett zugemüllt sowie ein Haufen bettelnder Kinder liefen durch die Straßen. Dagegen waren die Preise im Supermarkt bzw. im Cafe mit Deutschland vergleichbar, keine Ahnung, wie das funktioniert. Die Bewertung lasse ich weg, in Tirana gibt es bzgl. dem obligatorischem Touri-Zeug aber auch mal gar nichts zu sehen. Dass was man jedoch vom normalen Lebensalltag zu sehen bekommt, ist viel wert.



Laut Planung wollte ich mit den Zug gen Süden von Albanien fahren, von dort mit einem Fugues über die Grenze nach Griechenland. Eine direkte Fahrt ins Ausland geht nicht, da es immer noch keine einzige grenzüberschreitende Gleisverbindung gibt. Am „Hauptbahnhof“ angekommen, fand ich einen menschenleeren Bahnhofsraum (ich will es nicht Halle nennen…), auf den beiden Gleisen standen 6 Waggons ohne Lok, die Scheiben komplett eingeschlagen. Personal? Fehlanzeige! Keine Ahnung, wann hier der letzte Zug gefahren ist.



Also blieb mir nichts anderes übrig, als bei einen der unzähligen privaten Busunternehmen eine Fahrt direkt nach Athen zu buchen (17h – 25€). Was mir bis dahin nicht klar war, überall hielt der Bus, sobald jemand den „berühmten Arm“ raus streckte, es wurden alle größeren Städte im Südteil direkt angefahren bzw. hörte die Autobahn 50km außerhalb von Tirana auf. Es wurde spannend, sobald man die Hauptstadt verlassen hatte, bekam man einen guten Einblick, wie das wirkliche Leben in Albanien sein muss. Dagegen war Tirana noch ein Traum in weiß! Schwer zu beschreiben, dass hier fiel auch nicht mehr in die Kategorie „einfaches Leben“.

Weiter ging es auf Landstraßen, deren sinnvollen Umschreibung mir die geeigneten Worte fehlen. Schotterpiste, Schlaglöcher, unterspülter Straßenbelag, fehlende Leitplanken, Sorge dass trotz Schrittgeschwindigkeit der Bus vom Wackeln umkippt, alles passt irgendwie. Zu allem Überfluss wurde das Gelände auch noch hügelig, 7h sollte es nun die Serpentinen hoch und runter gehen. Die Straßen wurden so eng, dass man bei entgegenkommenden LKW’s oder Bussen nur in Schrittgeschwindigkeit vorbei fahren konnte, der Abgrund auf der rechten Seite grüßte bereits. Die Fahrer kannten die Strecken in und auswendig, für den Nichtkenner ein heftiger Kick, wenn der Bus mit 60km/h auf eine nicht einsehbare Kurve zurast. Zum Vergleich, für die 400km in Griechenland benötigten wir 5h, für die 250km in Albanien 11h. Dazu gesellten sich 3h an der Grenze, willkommen in Europa. Gepäckkontrolle, Ausweise abgeben, in einen von außen nicht einsehbaren Bereich einfahren, alle aussteigen und in Reihe aufstellen, einzeln vor den griechischen Grenztypen antreten und blöde Fragen beantworten. Schienen es nicht vergessen zu haben, dass Deutschland Ihnen einige Euros bzgl. Ihrer Gehaltssicherung überwiesen hatte, ich kam relativ zügig durch. Dummerweise startete der Bus nicht ohne die Anderen, so hieß es auch für mich warten, bis alle fertig waren.

Während einer Rast hatte mich eine Albanerin aus dem Bus angesprochen, welche halbwegs englisch sprach. Wir unterhielten uns eine Weile, Sie wohnte in Griechenland, studiert derzeit in Luxemburg Wirtschaftswesen, ich erzählte Ihr im Gegenzug von meinen 3 Wochen Trip. Keine Ahnung was Sie von mir wollte, Sie bestand aber darauf, dass ich mich mit zu Ihr ganz nach vorne setzen sollte, direkt hinter dem Fahrersitz. Ich war mehr als begeistert, da der Typ neben mir Körperflüssigkeiten ausströmte wie ein Schwein! Wie sich später heraus stellte, war einer Ihrer fernen Verwandten der Chef von dem Reiseunternehmen, daher hatte Sie als Einzige im Bus das Privileg, alleine auf einer 2-Combi zu hostieren. Natürlich erstmal Aufregung von den beiden Fahrern, warum ich es wagen würde, mich nach vorne zu setzen bzw. nach Klarstellung, warum Sie auf Ihr Privileg verzichten wollte. Sie klärte die Situation in der gewohnt albanischen Mentalität (sollte ich lieber bzgl. Konfliktmanagement ein Schaf opfern…), dabei erzählte Sie den Fahrern nebenbei, was ich in Albanien mache bzw. wie mein weiterer Trip geplant sei. Was natürlich die komplette Busbesatzung mitbekam… Ein Bewerbungsgespräch war gegen das, was nun folgte ein Witz... jeder im Bus wollte irgendetwas von mir wissen, nachts gegen 3Uhr!? Vor allen die älteren Damen fühlten sich bei soviel Kommunikation verpflichtet, mir zur Stärkung etwas Essen zu reichen, wirklich lieb gemeint, ging zu der Uhrzeit aber gar nicht. Ablehnen ging leider auch nicht, also in kleinen Kaubewegungen runter mit dem Zeug. Vieles von dem, was mir gereicht wurde, konnte ich dem Bekannten nicht zuordnen, einiges war lecker, bei anderen kam mir allein vom Geruch das blanke Würgen. Positiv herauszustellen ist eine Frucht namens Idi (oder so ähnlich), eine Mischung aus Feige, Kirsche und Pflaume, nicht unlecker das Zeug.

Nach ermüdeten 19h (inkl. der zusätzlichen 2h Verzögerung an der Grenze) kamen wir gegen 9Uhr in Athen an. Meine albanische Begleiterin lies es sich nicht nehmen, mir auch wirklich jede Kleinigkeit über Athen zu erklären, ehrlich gesagt, Sie ging mir langsam auf den Keks. Wir tranken noch einen Kaffee zusammen, danach machte ich Ihr klar, dass ich nun noch was vor hätte, bevor es gen Hotel gehen würde. Grund war simpel, schon während der Busfahrt bot Sie mehrfach an, mir den Weg zum Hotel zu zeigen. Ich verwies auf die Navi-Funktion vom Handy, keine Chance, sie beharrte darauf. Zur Klarstellung, auf Ihre 1,60m kamen ungefähr 120kg Lebendgewicht, auf das „eine“ konnte Sie nicht wirklich hoffen. Bei aller Höflichkeit + Aufmerksamkeit von Ihr, mir gefiel der Gedanke nicht. Vielleicht tue ich Ihr unrecht und Sie wollte wirklich nur höflich sein, shit happens. Nach einigen Umwegen war ich dann im Hotel angekommen, Körperhygiene war nun 1. Prio, ich sag nur: „Riechen immer gut, wichtig.“ *lol*
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