Interrail Tour 2010, Tag 1-2

Polen, Slowenien
Seit 4 Jahren stand dieses Vorhaben ganz oben auf meiner „To Do Liste“. Job, Dienstreisen, der gemeinsame Jahresurlaub mit dem geliebten Töchterchen usw., alles sehr gute Gründe, dass dieser Punkt bis jetzt nicht in meiner Liste abgehakt werden konnte. Ich sag mal Häkchen… ;-)

Da ich definitiv kein Zugverknallter bin (Gruß an die 3 Typen, die morgens 6Uhr in Wroclaw die RB Wroclaw-Außenstadt nach Wroclaw-Innenstadt fotografierten, als wenn Sie einen Tatort sichern müssten), galt es die 3 Wochen höchster Transport/Zeit Flexibilität noch sinnvoll (für mich jedenfalls …) zu füllen. Länderpunkte sammeln (e.g. Projekt 20), Prio10 Liste meiner offenen Stadien abhoppen, Touri-Sightseeing, Bergwandern, den ebenfalls seit Jahren bestehenden Wunsch nach einer ausgiebigen Osteuropa Tour befriedigen … viele Alternativen für 3 Wochen. Schon jetzt wurde mir klar, dass die 24d nicht ausreichen würden, 3-4 Monate wären wohl geeigneter. Egal, nach 3-4d Planung hatte ich eine ungefähre Vorstellung, wie der Trip inhaltstechnisch gestaltet werden soll.

Als erstes Ziel war Bratislava (Slowakei) für den Freitag (10.09.10) eingeplant, sollte doch im Spitzenspiel Slovian Bratislava – Spartak Trnava spielen. Samstag dann war Maribor (Slowenien) angedacht. Am 1.WE gleich 2 Länderpunkte zu machen, erschien mir nicht der schlechteste Anfang. Das Spiel Hadjuk Split - Dynamo Zagreb war ebenfalls während meinen Planungsaktivitäten für das kommende WE mehr als nur interessant gewesen, die 27h Zugfahrt wollte ich mir allerdings zu Beginn der Reise ersparen. Ok, Planung für das 1.WE finalisiert, da passte es ganz gut, das ich am Mittwochabend noch erfuhr, dass das Spiel in Bratislava auf Sonntag verschoben wurde…

Zug ist leider nicht so flexibel wie ein Auto, daher musste die Streckenführung basierend auf den Zugverbindungen nochmals „angepasst“ werden. Es sollte nun Wroclaw werden, Slask spielte am Samstag Ihr Derby gegen Lech Poznan. Die Chance, für das Spiel noch eine Karte zu bekommen, bewertete ich mit „schlecht“, nachdem ich am Telefon die Info erhielt, dass Spiel sei längst ausverkauft. Die Stadt selber reizte mich jedoch schon seit längeren und die Vorstellung, doch noch eine Karte vor dem Stadion zu ergattern war einen Versuch wert. Los gings….

Wroclaw:

Während der Zugfahrt konnte man noch gut die Spuren von den beiden letzten Hochwassern sehen, welche die Grenzregion heimgesucht hatten. Nicht lustig! In einem Dorf stand immer noch in den tiefer liegenden Ortsteilen das Wasser, obwohl weit und breit kein Bach/Fluss zu sehen war. In 3 1/2h war Wroclaw erreicht.

Das Hotel lag etwa 2km vom Bahnhof entfernt, ganz in der Nähe vom Stadion. Nach einer guten 1/2h zu Fuß durch die typischen Ostblock Arbeitersiedlungen war jenes erreicht. Nette Einstimmung, überall waren Slask Wroclaw Graphities zu sehen, viele Typen bereits in grün/weißen T-Shirts zu sehen. Jene sahen mal wieder fast alle gleich aus, groß, Statur eines Möbelpackers, Glatze, tätowiert (teils mit Motiven, welche in D definitiv verboten sind) sowie einige mit recht amüsanter Wahl des Schuhwerks. Das letztere ist mir bereits vor ein paar Wochen in Russland aufgefallen, irgendwie haben die Jungs hier im Osten einen „anderen“ Geschmack. Gelbe Turnschuhe mit lila Streifen, darunter hochgezogene graue Socken gepaart mit einer kurzen Hose passen einfach nicht zu einem vollgehackten 2m Skinhead, welcher ein T-Shirt mit „White Polska – Slask Hooligans“ trägt. Foto + dezenten Hinweis zu Ihm persönlich verkniff ich mir selbstredend…

Direkt erstmal zum Stadion, um das Kartenproblem zu lösen. Dort wurde mir mitgeteilt, dass etwaige nicht abgeholte Restkarten nur mit Clubkarte + polnischen Ausweis zu haben sind. Mein Angebot, Ihr ein wenig „mehr“ Geld für ein Ticket zu geben, lehnte Sie dankend ab. Blöd! Ok, erstmal auf in die City zum obligatorischen Sightseeing. Nette altertümliche Innenstadt, eine mitten im Zentrum von der Oder umfließende Insel mit allerlei Kirchen, Klöstern und Liegewiesen, angenehme Preise für das Wegbier, mein Fazit „nicht wirklich hässlich“.

Am Stadion wieder angekommen bekam ich einen ersten Eindruck, was uns 2012 zur EM erwarten wird. Fühlte mich ein wenig an DDII – Lok Leipzig erinnert, Details erspar ich mir. Definitiv die falschen Leute, um mal eben locker/ flockig durch die Reihen zu schlendern und in deutsch/ englisch nach Tickets zu fragen. Sowieso war ich nicht der einzig Suchende. Überall gingen Typen durch die Reihen, Geldscheine in der Hand auf der Suche nach Tickets. Als einzelnstehender Zeitgenosse in diesen Treiben bekam ich natürlich auch meinen Teil an Kommunikation ab. Netter Adrenalinkick, wenn sich auf einmal eine Horde zugehackter Mutanten auf einen zu bewegt. Zum Schutz meines Wohlbefindens (danke Mögi - die Geschichte über die beiden Rostocker in Polen ist noch nicht vergessen…) legte ich die Taubstummen-Nummer auf, sprich breites Grinsen mit der Handbewegung zum Mund und Kopfschütteln. Dazu ebenfalls einen Geldschein in der Hand, um auch als einer der Suchenden erkannt zu werden. Das hielt ich jedenfalls für eine gute Idee … welche auch zu funktionieren schien.

Dass Spiel begann, draußen stand außer mir immer noch ein Großteil vom Mob, dicht gedrängt vor den Eingangsbereich. Meine Erfahrung sagte mir klar, dass jenes da vorn nicht lange gut gehen wird. Ein weiterer Grund zur Sorge, ich stand zwar noch hinter dem Mob, wiederum hinter mir jedoch zogen nun die Polizeikräfte auf. Also erstmal Standort wechseln, 30m Sicherheitsabstand zu beiden Lagern mit Fluchtmöglichkeit nach hinten. Die ersten Böller im Stadion waren zu hören, da knallte es auch schon draußen. Zuerst flogen Flaschen gegen die Ordner, als dann die Ersten vom Mob versuchten, über die Absperrgitter zu klettern, ging es richtig los. Vorne derber Schlagabtausch durch die Tore hindurch mit der Security, hinten wurde der anrückenden Polizei klar gemacht, dass die Staatsmacht nicht willkommen ist. Nichts wie weg hier, es wurde so richtig ungemütlich. Das Spiel bzw. die Fans hielten Wroclaw noch den ganzen Abend in Betrieb. Die Sirenen der Einsatzfahrzeuge + Böller waren weit nach Mitternacht immer noch zu hören. Zur Info, Wroclaw verlor 1:2. Fazit, unglückliche Spielpaarung für einen Länderpunkt. Dank der Direktverbindung DD-Wroclaw wird jener aber zeitnah nachgeholt, aber bitte mit einem normalen Spielgegner…. ;-)



Sonntag per Taxi zum Hbf. Hatte nach dem letzten Abend irgendwie keine Lust darauf, früh um 5Uhr mit Rucksack durch die Gegend zu laufen. Hallo Bahnhof - auf allen großen Bahnhöfen (so jedenfalls meine Erfahrung) ist immer jenes Klientel an Mensch zu finden, welche man vor dem Guten Morgen Kaffee einfach nicht gebrauchen kann. Klar, die Folgen von Armut, Hunger, Obdachlosigkeit, Verwahrlosung, Alkoholismus usw. ist für unsere Verhältnisse nicht nachzuvollziehen, daher auch nur schwer akzeptabel. Aber warum müssen sich diese Kaputten derart mit Alk zulaufen lassen, dass Sie in Ihrer eigenen Kotze liegen und dabei seelenruhig schlafen können (am schnarchen klar erkennbar, dass der Tod noch nicht eingetreten war….)? Daneben 2 Typen vom gleichen Verein, welche mit Ihrer „Kommunikation“ die ganze Bahnhofshalle beschallt haben anstatt Ihrem Kumpel zu helfen. Alter Falter, definitiv kein Verständnis, egal wie groß die Not ist.

Kurze Irritation bzgl. Bahngleis (man merke, es gibt eine Bahnsteignummer + separate Gleisnummer) und nach 6h recht entspannter Zugfahrt war Bratislava erreicht.

Bratislava:

Der direkte Weg zum Hotel führte mich gleich erstmal komplett durch die Innenstadt. Na holla, was erblickt man denn hier – lauter Kneipen, voll besetzt mit britischer Säufer-Kultur. Scheint die Karawane von Prag über Riga in Bratislava angekommen zu sein. Schon erstaunlich, schon von weitem erkennt man bereits, dass die Typen vor der Bar nur Engländer sein können. Fussballtrikots, mit Bier in der Hand vor der Bar stehend, laut irgendetwas grölen, jeden Madel auf der Strasse klar machen, dass man ein ganz wilder Storch sei. Wann werden die Inseläffchen lernen, sich einfach mal normal im Ausland zu benehmen? Sollten sich an uns ein Vorbild nehmen, wir hatten damals wenigstens keine Trikots an … ;-)

Botel Gracia war schnell gefunden, ein Hotel-Boot auf der Donau unterhalb der Festung liegend, passt. Nach getätigtem Sightseeing kommt für mich Bratislava vin die Kategorie „Nicht notwendig“. Die Burg + Donauufer sind zwar ganz nett, der Rest ein Mischmasch aus altertümlich restauriert, stilistisch verkorkster Neubau, Gebäude in den Nebenstrassen teils stark verfallen sowie komplett auf Touristen ausgerichtete Geschäftsbelegung in der Innenstadt. Horden von deutschen/ österreichischen Altersheim-Gruppen inkl. den bereits erwähnen Inseläffchen tun Ihr übriges.

12.09.2010 Slovan Bratislava – Spartak Trnava 1:1 (0:0) – Stadion Tehelne pole - 6214 Zusch.

Mit der Tram ging es zum Stadion. Spitzenspiel in der Superliga stand an. Im Stadion „Tehelne pole“ (Kap. max. 30700) spielte der 3. gegen den 2.. Das eigentliche Stadion von Slovan Bratislava (Pasienky) liegt direkt gegenüber auf der anderen Straßenseite, was aber aufgrund von ??? nicht bespielt wird. Scheint ein Reizthema in Bratislava zu sein, ein großes Spruchband der Gästefans mit „Stadion Nuchinsky 2010 >2141“, der Umstand, dass keine einzige Fahne seitens der Heimfans aufgehängt sowie in den ersten 30min keinerlei Support zu hören war, ließen in diese Richtung deuten.



Das Spiel selber entwickelte sich in der Dramaturgie wie ein gelungenes Theaterstück (jetzt bin ich selber a bissl über meine Wortwahl überrascht…), erst interessant, dann langweilig bis einschläfernd, zum Schluss hin dramatisch spannend. Kein Wunder, fielen die Tore doch erst in der 79. + 83min.. Gerechtes 1:1, 2 vergebene 100%’er von Bratislava in der Nachspielzeit sorgten noch mal für viel Emotion auf den Rängen. Letzteres war auch bitter nötig, während des Spiels kam aus den Reihen der Slovan Supporters nahezu gar nichts. 3-4x brandete spontan ein „Slovan Bratislava“ auf, welches dann aber auch blockübergreifend mitgetragen wurde. In Summe unterirdisch schlecht.

Äußerst gelungen kann man dagegen den Auftritt vom Gästemob aus Trnava bezeichnen. Nicht nur dass jene in Ihrer Anzahl nahezu den kompletten Block ausfüllten, Ihre allumfassende „wir tragen rot“ Aktion, das über 90min. hinweg sehr geschlossene Auftreten bei allen Aktionen sowie der Sitzschalen-Weitwurf auf die Security (welche vorher eine Fahne vom Zaun gerissen hatten) waren nicht wirklich schlecht anzusehen.



Nach dem Spiel in der Innenstadt noch 1 oder 2 oder … Cocktails in einer sehr netten Bar geschlürft, nett weil zu fein + kultiviert für die Inseläffchen und danach ab ins Hotel.

Weiter geht es gen ….
Stadionpanoramen - Schmalympics - 3C Deutschland GmbH